Newsletter II/2012 (Galega, Brunnera)

Liebe Papagena, hallo Papageno!

Heute möchte ich dir etwas vom Komponieren und Musizieren erzählen. Von Dekadenzen, Wiederholungen, Allegro moderato und ähnlichem mehr.
Lassen sich Staudenbeete nach der Harmonielehre komponieren oder sind sie farblich und jahreszeitlich durchdachte Größen? Während ich dir diese Zeilen schreibe, ertönt im Hintergrund eine Kantate von J.S. Bach. Er gilt ja salopp gesagt als  d e r  Mathematiker unter den Komponisten, eine an sich viel zu oberflächliche Aussage. Und für mich fast schon eine Beleidigung, da ich selbst mit Mathematik nie viel am Hut hatte. Aber in der Musik Bachs steckt neben logischem Aufbau noch unendlich viel mehr, von Kreativität und Spiritualität ganz zu schweigen. Und so wage ich jetzt den Vergleich eines musikalischen Werkes mit dem Aufbau von scheinbar komplizierten Staudenbeeten.

Regelmäßigkeiten, Wiederholungen und eine gewisse Harmonielehre sind auch für unsere Staudenbeete unabdingbar notwendig. Das Zusammenspiel der Stauden, sei es in ihren Farben und Blatttexturen, ja erst der jahreszeitlich aufeinanderfolgenden Rhythmus macht die Perfektion aus. Die Lebensbereiche können auf die unterschiedlichste Weise interpretiert werden, man kann sich von ihnen entfernen, wie in England Christopher Lloyd und andere es machten oder sich mit ihrem Einklang auseinandersetzen, so geschehen bei uns auf dem Kontinent.
All diese Faktoren bilden uns ein Grundgerüst, das Resultat bleibt jedoch seelenlos, wenn weder Spannung, noch Kreativität darin steckt. Bei Johann Sebastian Bach offenbart sich bekanntlich weit mehr in seiner Musik, was sich bei bloßem Hinhören kaum jemandem sofort öffnet. Und die Staudenbeete zeigen ihren Klang erst im Jahreszyklus, sie ertönen jedes Jahr anders, sie gleichem aber durchaus einen Orchester, bestehend aus vielerlei Instrumenten und noch mehr Interpreten. Ein allzu gewagter Vergleich?

Die Form eines Beetes bleibt dir überlassen und es ist dabei zweitrangig, ob eine steife, gerade Linie oder die Beetkante geschwungen aufbereitet wurde. Je mehr geschwungen, desto mehr Platz benötigst du, damit das Ganze seine Wirkung entfaltet. Und je schwungvoller das Beet angelegt wurde, desto exakter und regelmäßiger sollte die Rasenkante abgestochen werden, umso akzentuierter und beschwingter wirkt dein gesamtes Ensemble. Aber übertreibe es nicht so mit dem Schwungvollen! Sonst kann es dir passieren, dass du dich beim Rasenmähen wie Ben Hur beim Wagenrennen in der Arena vorkommst und womöglich einen Drehwurm kriegst!

„Allegro Filigrano“ – so haben wir eines unserer Schaubeete getauft. Diesen Begriff gibt es in der Musik natürlich nicht. Darin enthalten sind Stauden, die einen zarten Charakter aufweisen. Meine Lieblinge, die Wiesenknöpfe (Sanguisorba), allerlei Prärieastern, Präriekerzen, Rudbeckien, Amsonien, Kompasspflanzen – und als erstes blühen bald wieder die Narzissen! Eine der Dauerblüher ersten Ranges ist Galega x hartlandii ‘Alba‘.

Sanguisorba ‘Figaro‘

Sanguisorba ‘Figaro‘, eine unserer jüngsten Selektionen

Rudbeckia triloba

Allegro in Form von Rudbeckia triloba

Galega x hartlandii ‘His Majesty‘

Galega x hartlandii ‘His Majesty‘, einer der Paradedauerblüher

Brunnera macrophylla

Brunnera macrophylla im Mai

Eine dieser Stauden deckt nahezu anderthalb Quadratmeter ab und blüht über Monate, eine weitere „Eierlegende Wollmilchsau“!  Dass übrigens ein Beet von Januar bis Dezember durchblühen soll, ist ein Anspruch, den ich nicht immer teile, denn auch die Texturen von Blättern und Abgeblühtem sorgen in der blütenarmen Jahreszeiten für Abwechslung. AllegroFiligrano kann sich in vielerlei Formen, Farben und Möglichkeiten äußern, beispielsweise in blühenden Brunnera-Teppichen, die dann von Storchschnäbeln abgelöst werden.

Helleborus-Blüten

Vielfalt unserer Helleborus-Blüten

Blütenimpressionen der Lenzrosen – aber dazu bald mehr! Ach ja, falls die Lenzrosen bei dir noch nicht blühen sollten, so sei dir dringend empfohlen, die alten Blätter wegzuschneiden. Die Blüten heben sich wesentlich schöner hervor! Das kannst du übrigens auch bei deinen Elfenblumen so handhaben, nur hier hast du noch ein wenig Zeit. Inzwischen ist es in vielen Teilen Mitteleuropas sibirisch kalt geworden, ein Kaltluftstrom ungeahnten Ausmaßes bläst direkt aus den Steppen hinter dem Ural. In diesem Fall rate ich dir dringend, deine Lenzrosen mit Reisig oder Gartenbau-Vlies abzudecken! In manchen Gegenden Deutschlands sind die Blütenstängel schon sehr weit ausgetrieben und deckst du sie nicht ab, so sind sie nach so einer Kältewelle unweigerlich schwarz, es sei denn, du bist in der glücklichen Lage und hast eine Schneeschicht darüber.

Ein Teil unseres Schaugartens kannst du hier (rechts) betrachten. Dieses Eckchen entstand unmittelbar nach der Betriebsgründung im Jahre 1995 und hat sich seither kaum verändert. Damals kam ich von einer Englandreise zurück und war begeistert von Derek Jarmans Garten, der sich mit einheimischen Stauden und Strandgut ein kleines Paradies schuf.  Ohne ihn kopieren zu wollen, ließ ich zuhause meiner Kreativität vollen Lauf und richtete Steinmauern und Ziegelhaufen. Die dazugehörigen Stauden waren mediterraner Natur, zumindest stammten sie aus Steppengebieten, das erkennst du an ihrem bizarren Aussehen und dem grauen Blattwerk. Brauner Kies füllte die Lücken dazwischen.

Derek Jarman hatte übrigens sein kleines Paradies zu Beginn der 90er-Jahre  geschaffen, als an einem anderen Ort in England etwa zeitgleich einer der wohl bekanntesten Kiesgärten entstand, nämlich derjenige von Beth Chatto.

Apropos der persönlichen Anrede des Rundbriefes an dich: das ging beim letzten Mal wohl gründlich in die Hose! Ich wollte mit meinen Rundbriefen eigentlich einen fiktiven Namen, wohl angelehnt an eine langjährige Kundin. Doch habe ich meine gut gemeinte Absicht wohl etwas zu undeutlich geschildert. Es kamen etliche Mails mit dem Hinweis „so heiß ich doch gar nicht!“, oder der Computer hätte offenbar die falschen Vornamen ausgewählt, oder ganz lapidar: „mir hat „Staudenfee“ aber besser gefallen!“ Also tauchen wir wieder ins gewohnte gärtnerische Feen-und Gnomeland ab, bevor sich noch mehr Leser beschweren. Allerdings dieses Mal doch lieber gleich in Schikaneders Fantasiewelt, sie passt ja viel besser zu Sarastro und dann braucht sich niemand mehr falsch angesprochen fühlen!

Der Katalog ist bereits in Arbeit und kann demnächst für 5 Euro angefordert werden. Ohne Katalog kann ein Staudengärtner offenbar doch nicht existieren. Hinweisen möchte ich dich trotzdem auf unseren Pflanzenshop mit den wesentlich ausführlicheren Beschreibungen und Bebilderung. Im Pflanzenshop kannst du außerdem bequem bestellen, mit dem Katalog auf dem Sofa und einem Glas Pinot Noir lässt es sich allerdings viel bequemer schmökern!

Falls du gerne Fachzeitschriften liest, dann kann ich dir den „Staudengarten“ der Gesellschaft der Staudenfreunde (GdS) wärmstens empfehlen. Diese internationale Hobbyvereinigung hat viele Regionalgruppen und wartet mit dem vierteljährlichen „Der Staudengarten“ auf. Ich bin schon seit 1979 Mitglied!. Veranstaltungen: du kannst mich als Vortragenden in Celle am 10.März hören und am 11. März in Hamburg, jeweils bei den dortigen Regionalgruppen der GdS. Den Veranstaltungsort und das Thema kannst du unter www.gds-staudenfreunde.de finden.

Und eine weitere lohnenswerte Monatszeitschrift nennt sich „Gartenpraxis“, in der ich gelegentlich Fachartikel zum besten gebe, wenn gerade Winter ist.
Jede Menge Veranstaltungstermine findest du im „Grünen Anzeiger“ von Ann-Christin Neugebauer und wenn du in die Tiefen der Botanik abtauchen möchtest, dann kann ich dir eine Mitgliedschaft bei der „Gartenbotanischen Vereinigung“ von K.H.Neuwirth wärmstens empfehlen. Details hierzu entweder bei mir oder per Tante G!

Das wär’s auch schon wieder, bis zum nächsten Rundbrief wünsche ich dir alles Gute!

Dein Staudenfreund Sarastro

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