Newsletter vom Oktober 2010 (Herbstarbeiten im Staudengarten, Schloss Neugebäude)

Liebe Gartenfee,

Treibt die Liebe zum Garten und den Pflanzen bunte Blüten? Zumindest skurrile und manches Mal auch groteske Blüten. Doch davon gleich mehr!

Wir befinden uns schon mitten im Oktober und das erste Laub fällt bereits auf den nicht mehr gemähten Rasen. Denn es wird ja behauptet, dass der Rasen nicht zu kurz in den Winter hinein gehen soll. Doch ist es äußerst bequem und sinnvoll, bis in den November hinein gleich mehrmals mit dem zumindest höher gestellten Rasenmäher das Falllaub kurz und klein zu schlägern und dann unter die Sträucher zu mulchen. Damit schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Doch bis dahin vergeht ja noch eine kleine Zeit.

Alle Gartentage in diesem Jahr sind bereits Vergangenheit. Die letzte war „Flora Mirabilis“ im Renaissanceschloss Neugebäude in Wien-Simmering, die mein Freund Bernd Hochwartner und seine Kollegin Petra Gmainer organisierten. Ein gewagtes Spiel – eine erstmalige Herbstveranstaltung im Wiener Raum mit ungewissem Ausgang. Werden genug Besucher kommen? Diejenigen, welche vor Ort waren, fuhren wieder begeistert heim in ihren Garten und kommen sicher nächstes Jahr wieder hin. Es hätten wohl einiges mehr an Besuchern sein können, dies bestätigt mich wiederum, dass Internet auch heutzutage längst nicht alles ist und andere Medien nach wie vor ihre Berechtigung besitzen, inklusive sichtbar angebrachter Plakate.

Warst du denn auch in Simmering? Gute Freunde meiner Eltern leben seit über 50 Jahren in Wien und sie waren überhaupt erst ein einziges Mal in dieser Gegend. Sie meinten, Schönbrunn oder Belvedere wäre doch wohl die standesgemäß bessere Location gewesen. Doch je länger ich nachdenke, desto mehr komme ich zur Überzeugung, dass gerade hier in diesem auch Wienern unbekannten Schloss der Reiz des Neuen entstehen soll. Nach Osten offen – hier liegt auch ein kleiner, aber bedeutender Teil unseres Wirkens und Absatzes begründet. Gerade auch Österreich hatte schon bessere Zeiten in Sachen Gartenkultur erlebt, erst die letzten Jahre erfährt es eine Renaissance, aus dem Westen, inspiriert von England und Westeuropa, bei uns vor allem durch Seitenstetten, Marienschlössl bis hin zu Neugebäude und vielen lieben Gartenfreunden, welche die Begeisterung nicht nur teilen, sondern auch weitergeben. Was helfen uns da die Gärtnergremien und die große Politik?

Und viel zu wenig bekannt gemacht wurde die Internationalität dieser Gartentage, es waren immerhin auf Anhieb Gärtner aus vier Nationen vertreten, bekannte Vortragende aus England, Deutschland und Österreich gaben ihr Bestes. Auch mein Vortrag über Herbstblüher war wie alle anderen Vorträge ausnahmslos gut besucht. Andernorts in Europa wird mit der Internationalität Werbung gemacht, in Österreich scheint „Multikulti“ seit Kaisers Zeiten für die Allermeisten eine Selbstverständlichkeit zu sein.

Von den Cyclamen gibt es bekanntlich auch Herbstblüher. Eine bei Gartenliebhaber beliebte Art ist das mediterrane Cyclamen hederifolium, auch Efeublättriges Alpenveilchen genannt. Jedes Individuum besitzt seine eigene, faszinierende Blattausprägung! Trotz seiner Herkunft ist es bei uns vollkommen winterhart und unempfindlich, allerdings will es in Ruhe gelassen werden. Dies bedeutet, dass jegliches Hacken tabu ist. Ich schrieb dir ja schon öfters von meinen Problemen mit Kunden, die diesen sensiblen Bereich im Halbschatten unter Sträuchern anscheinend mit ihrem Gemüsegarten verwechseln, wo ständig irgendwie gehackt wird. Dabei ist die Etablierung und Vermehrung von Vorfrühlings- und Herbstalpenveilchen im Garten kein Problem – nur Gärtner und Geduld fängt eben beides mit G an! Die Ameisen helfen dir bei ihrer Vermehrung, sie tragen die Samen dieser reizenden Kleinstauden in alle Himmelsrichtungen – sie keimen, wo es ihnen passt, sogar in Mauerfugen!

Und schon bin ich bei den Auswüchsen, diesen leider viel zu bunten Blüten unserer Gartenkultur angelangt, wie im Eingang schon erwähnt. Dir sind sicher schon einmal die handtellergroßen Cyclamenknollen aufgefallen, welche auf manchen Märkten wie Kartoffeln feilgeboten werden. Bei diesen handelt es sich um jahrzehntealte, vom Naturstandort geräuberte Knollen aus Südeuropa, besonders aber aus der Türkei. Nicht nur, dass diese kaum anwachsen, denn einen alten Baum verpflanzt man bekanntlich nur sehr schwer. Der Frevel liegt darin begründet, dass schlicht und ergreifend wir als Gärtner es in der heutigen Zeit nicht mehr nötig haben, auf solche Plünderungen zurückzugreifen. Cyclamen lassen sich problemlos über Samen vermehren und haben eine hohe Anwachsquote. Unverhältnismäßig sind die Strafen, die du bekommst, wenn du einen Frauenschuh vor dem sicheren Straßenbau rettest, die Millionen an Zwiebeln aus dem Orient kratzen offenbar keine Menschenseele. Wer nun mit dem Argument Arbeitsbeschaffung der armen Landbevölkerung daherkommt, dem sei gesagt, dass inzwischen vorbildliche Maßnahmen existieren, welche Schneeglöckchen und Alpenveilchen in ihren Heimatländern reell vermehren und verkaufen.

Jetzt dem Unkraut den Kampf ansagen! Wir haben Herbst und alles, was jetzt eliminiert wird, ärgert uns zumindest im Frühling nicht mehr. Ein neues Unkraut, oder vornehmer gesagt Beikraut, hat Einzug gehalten. Es stammt ursprünglich aus Neuseeland und heißt auf botanisch Cardamine glomerata. Es gleicht unserem bekannten Springkraut, ist jedoch viel kleiner und feiner, und daher um ein vielfaches lästiger. Es bildet Samen in Unmengen, auch bald schon in seiner kleinsten Ausführung. Die Vernichtung der rasant auftretenden Sämlinge ist nicht schwer, aber es erfordert große Konsequenz, da du mehrmals ernsthaft dahinter sein musst. Und wehe man übersieht es nur einmal! Selbst in deinen dichtesten Sternmoospolster treibt es munter seine weißen Blütchen.

Die Astern stehen bereits in ihrer Hochform. Auch die Chrysanthemen entwickeln sich prächtig und sind dieses Jahr viel früher mit ihrem Flor dran. Und hier sind wir bei einer weiteren Untugend des gärtnerischen Könnens. Eine hohe Aster novi-belgii ‘Crimson Brocade‘ kann bekanntlich mit Stauchemitteln bis zur Unkenntlichkeit verkleinert werden, termingerecht und auf CC-Karren-tauglichkeit. Im Laufe der Zeit fragen viele Kunden berechtigt, ob denn unsere echten Kissenastern auch wirklich so nieder bleiben oder im nächsten Jahr wieder brusthoch in die Höhe schießen! Astern ganz allgemein werden von Zierpflanzengärtnern nicht nur chemisch gestaucht, sondern auch zu einem viel zu späten Zeitpunkt vermehrt, so dass keine Basaltriebe mehr zum Überwintern gebildet werden können. So wird eine klassische Herbststaude zum Wegwerfartikel degradiert und der normale Durchschnittskunde verkennt die inneren Qualitäten der vom Staudengärtner gezogenen Astern und Chrysanthemen.

Nichts gegen pflanzliche Wegwerfartikel, diese haben durchaus ihre Berechtigung, denken wir nur an Allerheiligen! Doch irgendwer muss den Unterschied zwischen optisch aufgemotzter Qualität und „innerer Qualität“ klarer hervorheben. Dies bedeutet jedoch wie Don Quichote gegen Windmühlen reiten! Wenn Zierpflanzenbauer behaupten, ihre Astern seien winterhart, dann behaupten wir zumindest ganz bescheiden, dass unsere Pflanzen die Fähigkeit besitzen, den Winter zu überleben, da sie nicht zur Unzeit vermehrt und chemisch manipuliert wurden. Und dass es sich um keine schnöde Ware handelt, die von Nord nach Süd geschippert wurde, sondern um wertvolle, bodenständig vermehrte Pflanzen. So entscheide selbst, ob du Astern und Chrysanthemen für Jahre in deinem Garten etablieren möchtest, oder dir eine kurzzeitig optische Anhübschung genügt.

Unsere Einfahrt in die Gärtnerei war zumindest mir immer viel zu eng. Kaum empfängt man eine Gruppe von Besuchern, treten sich diese auf den Füßen herum. Darum hat ein Bagger das Seine dazu beigetragen und Einfahrt und Kiesgarten neu entstehen lassen. So besitzen wir eine großzügig gestaltete Fläche, wo auch der Paketdienst bis ans Gewächshaus heranfahren kann.

Bis der Kiesgarten eingewachsen ist, vergehen sicher noch zwei Jahre. Das Aufbringen der Kiesschicht war eine anstrengende Knochenarbeit. Ein Haufen „Rollierer“, wie man diese Kieselgröße hierzulande nennt, sowie einige größere Kiesel wurden abgekippt, wodurch sie durcheinander gemengt wurden. Dies bewirkte eine natürliche Verteilung der unterschiedlichen Kiesgrößen, welche du nacheinander niemals hinbekommst. Übrigens benötigst du keinerlei Vlies unter der Kiesschicht, dieses Ammenmärchen ist aus vielen Köpfen einfach nicht auszumerzen! Wurzelunkräuter durchwachsen das Vlies spätestens an den Pflanzlöchern und gegen einjähriges Unkraut hilft nur jäten, denn dies tritt über Kurz oder Lang in den Ritzen des Kieses auf. Viel wichtiger bei einem Kiesgarten ist das Abmagern der Pflanzfläche durch Sand.

Wünsche dir noch einen schönen Herbst, die Gräser lassen ebenfalls grüßen!

Dein Sarastro

Christian H. Kreß und Team

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