Newsletter XI/2015 (Alles über winterharte Chrysanthemen)

Ich hatte dir im letzten Rundbrief versprochen, Stauden und Gartenthemen wieder in den Vordergrund rücken zu lassen. Im Sommer stand ja alles unter den Vorzeichen unseres Festes am 5. September. Also diesmal versprochen!

Chrysanthemen sind uralte Kulturstauden, die du sicher schon oft in etlichen Gärten gesehen hast, vielleicht auch schon außerhalb Mitteleuropas. Es sollen angeblich über 5.000 Sorten existieren, aber ob diese jemals irgendwo registriert wurden? Viele der Gartensorten erfuhren eine Doppelt- oder Dreifachbenennung, weil man nicht mehr wusste, um welche Sorten es sich hierbei handelte. Auch Karl Foerster verfuhr so, als er in Schweizer Bauerngärten nach winterharten Gartenchrysanthemen Ausschau hielt. Er nahm sie zur Vermehrung nach Bornim mit und benannte sie kurzerhand mit damals neuen, deutschen Namen, weil kein Mensch die Originalnamen mehr wusste. Diese Umbenennerei kann zwar nicht als ideal angesehen werden, aber immer noch besser als die ganze Zeit Chrysanthemen als „Weinrot mit Fragezeichen“ zu verkaufen.
Meine Schwiegermutter pflanzt seit vielen Jahren ihre Friedhofschrysanthemen in den Garten. Zum Wegschmeißen war ihr leid drum und auf diese Weise erfolgte im Salzkammergut eine natürliche Auslese, was die Winterhärte anbelangt und sie hatte mit der Zeit die richtigen Sorten „selektiert“. Du glaubst es kaum, es ist viel mehr hart, als man allgemein annimmt!
Mit der Winterhärte allein ist es aber längst nicht getan! Welche Eigenschaften sollten wir von einer Gartenchrysantheme verlangen dürfen, welche Qualitäten zeichnet eine wirklich gute Gartensorte aus? Für mich ist beispielsweise ‘Poesie‘ ein Beispiel der besten Gartensorten, die alle guten Eigenschaften vereint. Sie ist nicht nur stabil und standfest, sondern mit ihren 70 cm Höhe auch in jeder Pflanzung gut unterzubringen. Ihre halbgefüllten, weißen Blüten halten im Gegensatz zu reinen Schnittchrysanthemen ohne Weiteres leichte Frostgrade aus. Diesen positiven Faktor übersehen nämlich viele Staudenliebhaber! Sie blüht genau deswegen über einen langen Zeitraum. Ihr Gen-Anteil von Dendranthema koreanum und vermutlich auch anderen Arten macht sie robust und hart. Außerdem wächst ‘Poesie‘ zu einem geschlossenen, dichten Horst. Diese Fähigkeit, geschlossen in die Breite zu wachsen und auch nach vielen Jahren immer noch gut auszusehen, hat bei weitem nicht jede Chrysantheme! Sehr viele Sorten besitzen leider einen gakeligen Wuchs und sind in ihrem Aufbau sehr unschön. Dies mag als Schnittchrysantheme vielleicht eine untergeordnete Rolle spielen, aber du möchtest in deinem Staudenbeet sicherlich etwas mehr als nur ein paar lange, dünne Stängel mit ein paar Blümchen dran!

Eine klitzekleine Auswahl an Farben und Formen möchte ich dir hier zum Besten geben:

Wir hatten ja vor Jahren schon einmal miteinander über die Gartenchrysanthemen geplaudert. Wie alles im Leben ist es schlussendlich eine Geschmacksfrage, was dir gefällt oder was mir gefällt. Ich stehe eher auf klare und reine Farben und nicht auf solche fahlen „Wischiwaschi“-Töne.
Und was bevorzugst du? Viele von deinen Gartenfreunden lieben jene warmen Herbstfarben, wie sie in ‘Paul Boissier‘ oder bei ‘Weiterstadt‘ zu sehen sind. Der Renner schlechthin war in dieser Saison schon wieder die zitronengelbe ‘Salzburg‘. Durch ihre Tagneutralität blüht sie schon ab Anfang Juli, eine seltene Reliktsorte aus dem Alpenraum. Manche deiner Freundinnen und Freunde bevorzugen tief gefüllte Sorten, aber nur wenige die einfachblühenden wie ‘Schaffhausen‘, ‘Mary Stoker‘, ‘Roter Spray‘ oder ‘Gerlinde‘. Liegt es an der Ähnlichkeit mit den Margeriten? Reizvoll sind sicher die im Aufblühen tief gefülltblühenden Sorten, die mit dem Abblühen dann wie halbgefüllt wirken. Jede Sorte hat ihren Reiz, und ganz besonders offenbart dieser sich im Garten in Kombination mit anderen Stauden.
Hier siehst du ‘Poesie‘, welche relativ rasch bekannt wurde, zusammen mit einer weiß blühenden Herbstanemone. Kein guter Kontrast, aber ein Gegensatz! ‘Poesie‘ wurde von Wolfgang Kautz, einem ehemaligen Foerster-Mitarbeiter, in einem Karpatendorf in Rumänien entdeckt. Wieder ein Beispiel, dass gute Sorten in Gärten überdauern, bis sich jemand ihrer annimmt.

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Deine Gartenchrysanthemen solltest du gut ernähren, denn sie zählen zu den Fressern im Staudenreich. Ein gut ausgereifter Kompost ist genau das Richtige für sie. Diesen Kompost kannst du im November nach dem Abblühen deiner Chrysanthemen auch zwischen die Horste streuen, das hatten wir früher in der Gartenpflege so gehandhabt.
‘Toscana‘ ist eine der neueren Sorten, die mit ihrer perlmuttrosa Farbe aus dem Sortiment hervorsticht.

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Hier als nächstes zeige ich dir ein Bild von ‘Rotes Julchen‘. Diese niedere Sorte kannst du wunderbar als Beetfüller benutzen. Ganz ähnlich ist übrigens die hellrosa ‘Julia‘. Falls dir einmal die Namen ‘Anastasia‘, ‘Anjas Bouquet‘ oder ‘Mei Kyo‘ unterkommen und du keinen Unterschied feststellen kannst, dann tröste dich – ich auch nicht! Diese drei Sorten sind anscheinend allesamt ein und dieselbe Sorte. Sie sehen ‘Rotes Julchen‘ zum Verwechseln ähnlich, doch letztere besitzt die kontrastreicheren Blütenblätter. Reizend, diese kleinen, pomponförmigen Blütchen von wenigen Zentimetern!
Immer wieder werden wir gefragt, was man dagegen tun könnte, wenn die Stängel und Horste mancher Sorten so ungut in die Höhe wachsen. Du kannst sie ganz einfach im Mai oder Juni entweder pinzieren oder leicht zurückschneiden. Das bewirkt einen viel stabileren Wuchs der Sorte und sie wird längst nicht mehr so hoch.

‘Rotes Julchen‘

‘Rotes Julchen‘

Das Farbspiel der Gartenchrysanthemen ist schier unerschöpflich und äußerst vielseitig, ja sehr variabel. Ein gutes Beispiel bietet uns ‘Chamois Rose‘. Diese Sorte erblüht oft schon Anfang August. Ihre Blüte zieht sich hin bis Ende September. Wenn die Tage kühler werden, dann bin ich begeistert über ihre Farbe, denn dieses unwahrscheinlich schöne Apricot findest du kaum anderswo. Bei Hitze im August neige ich dazu, die Blüten abzuschneiden, denn dieses fahle Hellrosa begeistert mich kaum.

‘Chamois Rose‘

‘Chamois Rose‘

Hier die alte Sorte ‘Emperor of China‘, die ich von Elizabeth Strangman Ende der 80er-Jahre mitnahm. Sie gleicht sehr der Foersterschen ‘Nebelrose‘, manche Zeitgenossen behaupten, diese beiden seien identisch. Ich bilde mir allerdings ein, dass ‘Nebelrose‘ etwas kugeligere Blütenbälle hat. Jedenfalls ist der Kontrast zwischen den rosa Blüten und dem beginnenden, leuchtenden Rot der Blätter sehr einzigartig!

‘Emperor of China‘

‘Emperor of China‘

Du solltest die Stängel deiner verblühten Chrysanthemen niemals im Herbst abschneiden, sondern immer zusammen mit den Gräsern erst im zeitigen Frühjahr. Übrigens präsentieren sich Gartenchrysanthemen in Verbindung mit Gräsern ganz besonders attraktiv, da hier der Kontrast am auffälligsten ist. Probiere einmal eine Chrysantheme deiner Wahl im Verein mit straff aufrecht wachsenden Sorten der Rutenhirsen. Hier denke ich besonders an die bewährte ‘Heavy Metal‘, die rötliche ‘Heiliger Hain‘ oder die neuere amerikanische Sorte ‘Northwind‘, die sich im Spätherbst wunderschön gelb verfärbt. Von einer Kollegin aus dem Nürnberger Raum bekam ich die neue Panicum virgatum ‘Diwali‘, die bei ihr entstand. Als einzige der Rutenhirsen färbt sich diese locker-füllige Sorte leuchtend gelb.

Groß ist die Auswahl und noch größer ist das Farbenspiel!

Groß ist die Auswahl und noch größer ist das Farbenspiel!

Auch in deinem Garten können neue Sorten entstehen, wenn du den spontanen Sämlingen die Chance lässt, hochzukommen. Unterhalb im Bild die bei uns entstandene ‘Gerlinde‘. Sie stammt vermutlich von der alten ‘L’Innocence‘ ab, aber ich fand ihren rosa Schimmer in der Blüte so reizvoll, dass wir sie vermehrten und nach meiner langjährigen Angestellten tauften. Darunter im Bild ‘Schaffhausen‘. Besonders in der Schweiz sind einige sehr gute Sorten selektiert worden, dort haben Chrysanthemen eine noch längere Tradition, wie übrigens auch in Frankreich, wo sogar Balkonkistchen damit bepflanzt werden.

'Gerlinde'

‘Gerlinde’

‘Schaffhausen‘

‘Schaffhausen‘

Unterhalb links möchte ich dir ‘Vreneli‘ zeigen, ebenfalls eine Schweizer Sorte, die um Allerheiligen ihre Blüten entfaltet. Die Sorte darunter ist ‘Karminsilber‘, eine alte Foerstersorte, die leider nur wenig verbreitet wurde. Schade, denn dieser Farbton gefällt mir ganz besonders. Auch ‘Schweizerland‘ sieht ähnlich aus, blüht jedoch etwas früher.

'Vreneli‘

‘Vreneli‘

'Karminsilber‘, eine alte Foerstersorte

‘Karminsilber‘, eine alte Foerstersorte

Die Astern neigen sich dem Ende zu, darum sind gerade die mittelspäten Chrysanthemen im Garten so wichtig und wertvoll. Sie sind unser letzter Flor, bevor sich der Winter ankündigt. Und falls sie dir zu üppig werden, für die Vase sind sie allemal geeignet! Frisch geschnitten halten sie eine kleine Ewigkeit.
Trotzdem möchte ich dir zum Schluss eine Aster zeigen, vor der in den letzten Tagen jeder Besucher sprachlos davorstand. Ich beobachte diesen Spontansämling nun schon drei Jahre, aber dieses Jahr überzeugt er mich derart, dass ich ihn wohl doch benennen und vermehren werde. Ich bin gespannt auf dein Urteil! Und momentan kann ich dir nicht mit Sicherheit sagen, wie er entstand. Fest steht, es befanden sich lediglich eine Sternwolkenaster (Boltonia latisquama) und die Pyrenäenaster (Aster pyrenaeus ‘Lutetia‘) in der Nähe. Von letzterer hat sie in jedem Fall den ausladenden Wuchs. Aber mit welcher hat sie sich wohl gekreuzt? Entweder mit Aster n.b. ‘Vasterival‘ oder? Ist eigentlich zweitrangig, ich finde sie schön, besonders ihre für Astern doch späte Blütezeit Anfang November! Im Bild siehst du sie, der Durchmesser beträgt zwei Meter!

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Bei uns neigt sich das Jahr dem Ende entgegen. Wir nutzen das schöne und milde Wetter aus, um zu jäten und letzte Vermehrungsarbeiten zu erledigen. Der Versand unserer Stauden läuft immer noch, du kannst bis zum Eintritt von Dauerfrost pflanzen, denn der Boden ist warm und die meisten Stauden wurzeln problemlos ein. Du solltest nur etwas tiefer pflanzen. Dies gilt auch für deine Chrysanthemen, die entgegen anderer Behauptungen ohne Weiteres jetzt gepflanzt werden können. Nächstes Jahr bieten wir einige Chrysanthemen- Neuheiten von Eugen Schleipfer an, bei dem ich im letzten Herbst wieder einmal war. Sie gelten als besonders winterhart und widerstandsfähig.  Aber ich möchte die Neuzugänge erst einmal begutachten und sichten.
Dann wünsche ich dir einen goldenen November, denn der Oktober zeigte sich bei uns eher grau in grau.

Alles Gute für dich und deinen herbstlichen Garten!

Dein Sarastro

kress_big

Viele Grüße/ Best regards/ С уважением

Christian H. Kreß

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