Newsletter I/2021 (Steingärten erneuern, Alpinenhaus)

Newsletter I/2021
Liebe Pamina, hallo Papageno!

Das neue Jahr hat schon begonnen, wenn du diesen ersten Rundbrief liest. Was wird uns das Jahr wohl bescheren? Ein baldiges Abklingen der Pandemie, was wir uns so sehr wünschen? Oder ein Mutieren des Virus in einer Form, deren Konsequenz überhaupt noch nicht vorhersehbar sein wird? Momentan ist noch Feuer am Dach, aber wir werden sehen. Diese Zeit ist leider reif für Überraschungen. Jedenfalls hängen Gesundheit und Garten in einem Maße voneinander ab, wie ich mir es früher nicht vorstellte. Nützen wir dies dankbar aus!

Gegenwärtig sehne ich mich allerdings nach Ruhe. Mein Buch „Meine Welt der Stauden“ hat ja eine zweite Auflage erfahren und ich bin immer noch dabei, Bilder für einige neue Kapitel herauszusuchen und Verbesserungen anzubringen. Und ich überlege, ob es einen Sinn macht, ungefähr 30 der markantesten meiner Rundbriefe an dich in eine Buchform zu gießen. Was meinst du zu dieser Idee? Du hast sie deinerseits ja schon mehrfach an mich herangetragen, andere behaupten, was schon mal gelesen wurde, interessiert keinen Menschen mehr.

Aber es wurden die ersten Rundbriefe bereits vor mehr als 10 Jahren gelesen und es kamen mit den Jahren eine Menge neuer Ideen und auch neue Abonnenten hinzu, so dass die Rundbrief-Gemeinde inzwischen auf nahezu 7.000 Leser angewachsen ist. Das hätte ich mir damals nie erträumen lassen! Die Rundbriefe in Buchform – eine Art Staudenphilosophie mit Pflegeanleitung und Tipps, für dich und deine Freunde?

Was geschah in der Gärtnerei sonst noch so alles? Letztes Jahr konnte ich ja um diese Zeit den Felsspaltengarten errichten, welcher inzwischen gut eingewachsen ist und so auf seine Weise immer natürlicher wirkt. Im Spätherbst bekomme ich immer einen Anflug von kreativen Phasen, welche während des Jahres verborgen bleiben müssen, um zum richtigen Zeitpunkt aktiv zu werden. So plant man im Geiste über das ganze Jahr hindurch und verwirklicht zu gegebener Zeit, Pläne hege ich noch genug!

Beginnen wir mit meinen beiden schon bestehenden Steingärtchen. Das eine steht gleich am Eingang zwischen Pavillon und Gewächshaus, es war mein erstes Alpinum in der Gärtnerei, verwirklicht wurde es schon vor mehr als 20 Jahren. Bei den Steinen handelt es sich um Kalksinter, im Volksmund auch Tuffstein genannt, ein sehr poröser Kalkstein, in dem auch empfindliche, hochalpine Stauden und Zwergsträucher hervorragend gedeihen. Kalksinter ist bei den Freunden alpiner Stauden ein sehr begehrtes Baumaterial, da er außerdem sehr leicht zu bearbeiten ist.

Er entsteht überall dort, wo sich an steilen Hängen kalkreiches Wasser mit organischer Masse wie Laub und Humus vermischt und der Kalk sich auf diese Weise über Jahre ablagert und dann zu Stein „erstarrt“. Aus diesem relativ leichten Material wurden früher hierzulande unsere Kirchen, Stallungen und viele Schlossmauern erbaut. Das kleine Alpinum hatte eine Größe von rund 15 qm und war überholungsbedürftig. Einige ältere Seidelbast (Daphne) und Felsenteller (Ramonda) wurden vorsichtig observiert und alles an Steinen entfernt und gesäubert. Warum denn säubern, wirst du dich berechtigt fragen!

Den Kalksinter hatte ich ursprünglich aus Niederösterreich bekommen, frisch aus einem Steinbruch gehauen, dem einzigen in ganz Österreich, den es damals noch gab. Nach dem Aufbau dieses kleinen Steingartens pflanzte ich die weiße Form des Leberbalsams (Erinus alpinus ‘Albus‘), sowie ein Zymbelkraut, beides sehr hübsch durch die enorm lange Blütezeit. Mit den Jahren breiteten sich diese beiden Polsterstauden in den Ritzen der Steine in beängstigender Weise aus und haben dabei alles andere plattgemacht. Du wirst jetzt berechtigt einwerfen, dass gerade dies doch wunderbar sei und sehr nach natürlicher Patina aussähe. Ja, da hast du schon recht, nur wenn man von der Struktur dieses edlen Steines überhaupt nichts mehr sieht und viele andere Polsterstauden ins Nirvana verschwinden, dann muss man irgendwann einen Schlussstrich ziehen und die einzelnen Steine mit einem Messer putzen.

Übrigens jedes Mal, wenn du mich telefonisch anriefst und mich um einen Rat fragtest, zupfte ich nebenher Unkraut im Steingarten oder dezimierte zu groß gewordene Polster, das geht neben dem Telefonieren hervorragend, denn nur wenige Arbeiten kann man parallel erledigen. Bin doch deswegen nicht unhöflich, oder?

Und auch ein anderes, zentral in den Verkaufsbeeten befindliches Alpinum wurde grundlegend erneuert. Dies besteht aus reinen Kalksteinen aus dem Salzkammergut. Die waren wesentlich schwerer als die Kalksintersteine, noch dazu hatte dieser Steingarten etwas größere Ausmaße, etwa 30 qm! Bei beiden Steingärten wurde die oberste Erdschicht abgezogen und durch eine frische Packung ersetzt, ich wollte zudem beide Steingärten etwas höher und markanter gestalten. Immer wieder spannend ist das Verlegen der Steine, was mir großes Vergnügen bereitet!

Welche Seite sieht wo am besten aus, all das ist eine reine Erfahrungs- und Gefühlssache, aber durchaus auch eine Spielerei! Hier kommt es auf Nuancen an, auf Liebe zum Detail, hier eine Trittplatte, dass man während des Pflegeganges nicht auf seinen Pflanzen herumsteigt, dort ein skurriler Stein mit vielen Ritzen für allerlei schnuckelige Pflänzchen. Beide Alpengärtchen warten nun darauf, im Frühling frisch bepflanzt zu werden. Das ist so eine typische Samstagnachmittagsangelegenheit, für die ich Ruhe brauche. Die Aktion muss jedoch noch im März durchgezogen werden, da mir sonst deine Pakete über den Kopf wachsen!

Die Hauptaktionen im vergangenen Herbst aber waren noch zwei andere Projekte. Von Eugen Schleipfer bekam ich uralte Frühbeetfenster geschenkt. Bei ihm lagen noch einige Stapel dieser ganz alten Metallfenster, welche zwischen vier Sprossenreihen mit kleinen Glasfensterchen verkittet waren. Ich wünschte mir schon immer so ein Gewächshaus, Marke Eigenbau, sozusagen auf alt getrimmt. Die Fenster hatten zwischen 80 und 100 Jahre auf dem Buckel, stammten also noch aus der Ära Karl Foersters.

Die Grundelemente, also die Sprossen und Steher dieses Gewächshäuschens fertigte mir dieselbe Firma an, die den Pavillon auf so unkomplizierte Weise errichtete, aus Lärchenholz, was dann wenige Jahre später ergraut und hoffentlich weitere hundert Jahre hält! Bei den Fenstern wurde es dann spannend, denn diese waren ja durch ihr hohes Alter dementsprechend marode. Wir nahmen die stabilsten, diese wurden an den Seiten eingepasst und verankert. Mit dem Endresultat bin ich sehr glücklich, das Objekt sieht sogar noch besser aus als ich es mir vorgestellt hatte! Die verbliebenen „Löcher“ müssen noch zugekittet werden, die innere Ausgestaltung kommt dann auch noch dran. Aber eines nach dem anderen, in fünf Jahren steht es dann schon fast ewig!

Und warum das Ganze, wirst du sogleich fragen? Nicht warum, sondern darum. Einfach so, rein zur Zierde. Darf doch auch mal sein, Ästhetik und Schönheit als Mittel der Umwegrentabilität, dies als sarkastische Antwort an den so spitzen Rechenstift des Betriebswirtschaftlers! Es steht mitten im neu angelegten Gräsergarten, zwischen den welligen Ziegelmauern und macht sich dort ganz hervorragend. Ich werde es wohl mit allerlei winterharten Kakteen und heiklen Schätzchen bepflanzen, innendrin eine kleine Landschaft gestalten, mit einigen alten Werkzeugen, einer Gärtnerschürze, einem Hut. Gärtnersein im Jahre Anno Tobak zeigte sich allerdings wesentlich weniger romantisch, sondern war beinharte Knochenarbeit!

Und nun aber zu einer Neuanschaffung, die jeder von uns braucht und nötig hat, die keinerlei Luxus ist, sondern eine tägliche Notwendigkeit. Ich spreche von einer WC-Anlage. Bisher kamen wir in unserer Staudengärtnerei immer mit einem Dixi-Klo über die Runden, doch wenn du mit einem Bus zu uns gekommen bist, standen oftmals deine Freundinnen davor, in einer langen Schlange. Ehrlich gesagt, Komfort ist etwas anderes, meinen Angestellten möchte ich auch etwas Besseres zumuten, und über weitere Details der Hygiene möchte ich mich gar nicht erst auslassen! Nun also machten wir Nägel mit Köpfen und kauften einen Toilettencontainer, mit fließend Wasser, Heizung und Waschbecken.

Leider lag die öffentliche Kanalisation in rund 300 m Entfernung und es hätte mich ein Vermögen gekostet, auf diese Distanz alles aufzubaggern und zu verrohren. So entschlossen wir uns zu einer Senkgrube. Der Bagger kam und grub ein 6 m tiefes Loch, in dem ein riesengroßer Betonbehälter versenkt wurde. Alles wurde wieder zugeschoben und die Toilette daraufgesetzt und angeschlossen. Die ganze Anlage befindet sich gleich links im Eingangsbereich. Die letzte Aktion meinerseits war die Außengestaltung in Form eines Kiesgartens, der sich rund um das Klohäuschen zog. Gießkannen, ein alter Pflug und andere verrostete Utensilien zieren ihn, Derek Jarmans Garten lässt grüßen. Auf das Dach der Toiletten sollen dann noch Ziergräser in Holzkisten, mal sehen, welche mir dazu einfallen, die diese extreme Position auch aushalten.

All dies konnte nur geschehen, weil wir ein ganz außergewöhnliches Jahr hinter uns gebracht hatten, indem wir an dich wesentlich mehr Pakete als sonst verschickten. Und dafür möchten wir dir nochmals von Herzen danken! Beinahe hätte ich es vergessen: bei deinem Besuch in unserer Staudengärtnerei bekommst du bei einem Einkauf ab diesem Jahr 5 % Rabatt, Mitglieder der GdS (Gesellschaft der Staudenfreunde) und der ÖGG (Österreichische Gartenbaugesellschaft) auch weiterhin 10 % Rabatt. Es lohnt sich also sehr, in eine dieser Vereinigungen beizutreten. Bei der GdS bin ich nun schon seit 40 Jahren, wo ich eine Menge Gleichgesinnter kennenlernte, erschreckend ist nur, wie doch die Zeit verrinnt!

Die Staudenfreunde bringen 4 x im Jahr den „Staudengarten“ als Journal heraus, gelegentlich kannst du darin auch einen Artikel von mir lesen. Und wenn du dich ambitioniert fühlst und du hast sicherlich auch einiges aus deinem Erfahrungsschatz zu berichten, dann kannst du dich in Form eines Artikels einbringen. Je mehr Praktiker zu Wort kommen, umso besser! Die Regionalgruppen der GdS, sowie der ÖGG finden sich sicherlich auch ganz in deiner Nähe, so dass du als Newcomer ziemlich schnell Anschluss bekommst.

Zum Glück verbesserten sich mit den Jahren die gegenseitigen Kontakte ganz wesentlich und man zeigt einander seine Gärten, wenigstens an einem Tag im Jahr oder auch öfters. Das war nicht immer so, zumindest nicht bei uns. Ich kannte zwei sehr ambitionierte Pflanzensammler, beides große Kapazitäten, beide wohnten sie in Linz, zwischen den beiden lagen nur etwa 500 m Luftlinie, sie wussten nur vom Hörensagen voneinander. Sprach man mit dem einen und erwähnte den anderen, nein, nein, ich will niemand Fremden in meinem Garten haben, ich bin schließlich ich! Sprach man mit dem anderen und erwähnte den einen dort, mit seiner tollen Saxifragen-Sammlung, dann hieß es, die interessieren mich nicht.

Beides waren große Fachleute, jeder auf seine Weise, aber eben auch konservativ und verschroben, freiwillig gingen die nicht aufeinander zu, der eine könnte ja besser als der andere sein! Dazu kam anscheinend noch der Standesdünkel, der eine war Akademiker, der andere Fabriksarbeiter. Und dies war leider kein Einzelfall, übrigens auch nicht in anderen Gegenden der deutschsprachigen Welt. „Des isch mei Sach!“ habe ich heute noch in den Ohren! Dabei werden wir im Garten doch mit einem Male alle ebenbürtig und sind unter uns, lernen zu staunen, uns auf beispiellose Weise gegenseitig zu begeistern und unseren Horizont über Pflanzen zu ergänzen, da tritt alles andere in den Hintergrund!

Als moderner Pflanzenjäger habe ich mich dieses Jahr um eine Menge neuer und vielversprechender Stauden bemüht! Jahrelang nahmen wir immer wieder Staudenneuheiten auf, Zufallsfindlinge, die mir da und dort bei Kollegen und Freunden auffielen, die wir ausprobierten, um sie dann in Wort und Bild im Webshop zu verewigen. Aber dieses Jahr war eben alles anders. Ich bemühte mich deshalb um besonders viele Farne und Gräser, um seltene Schattenstauden aller Art, um Neuentdeckungen aus Taiwan, China und den USA. Es ist ein Wagnis, denn ich weiß natürlich nicht, was davon als „neuer Star“ den Einzug in deinen Garten schafft, welches eine reine Liebhaberpflanze für einige wenige bleibt oder welche Neuheit sich als Flopp, als ein Nonseller herausstellt. Aber genau das finde ich so unglaublich spannend, diese ständige Suche nach Neuem, abseits von Jungpflanzenfirmen, aber auf unbekannten und wundersam verschlungenen Wegen.

In diesem Winter vermisse ich Grünberg und Langenlois ganz gehörig. Viele meiner engsten Freunde treffe ich jedes Jahr an diesen beiden Bildungsinstituten. Aber wie schon eingangs erwähnt, es kommen wieder bessere Zeiten, sie werden schon bald kommen, ja sie müssen wiederkommen! Auch die Gartentage werden wieder einen Aufwind erfahren, allerdings habe ich dir meine Meinung hierzu schon geschildert.

Nochmals darf ich dir alles Gute für das bereits angebrochene Neue Jahr wünschen, noch einen geruhsamen Winter! Unser Shop befindet sich auf dem neuesten Stand, du kannst also jederzeit nach Herzenslust schmökern und bestellen. Ansonsten sehen wir uns!

Dein Staudengärtner Sarastro

Christian H. Kreß und Mitarbeiter

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