Newsletter II/2023 (Südafrika)

Liebe Pamina, hallo Papageno!

Dieses Mal bekommst du meinen Rundbrief etwas später als sonst, denn ich bin erst vor wenigen Tagen von meiner Reise glücklich zurückgekehrt, voll von positiven Eindrücken und pflanzlichen Erlebnissen. Nach Südafrika wollte ich schon seit vielen Jahren, drei Anläufe bedurfte es, bis ich die Reise endlich realisieren konnte. Wir waren zu viert unterwegs, zwei Pflanzenfreunde aus Vorarlberg und mein Kollege Manfred Herian aus Unterliezheim, der dir sicherlich aus der Clematisszene bekannt sein dürfte. Mein Fazit: es war sicher nicht das letzte Mal! Denn dieses fantastische Land hat derartig viel an landschaftlichen Schönheiten zu bieten, an Flora und Fauna, wie man es selten auf dieser Welt antrifft.

Kniphofia caulescens

Begonnen hatten wir ganz im Nordosten, fast an der Grenze zu Mosambik, wir fuhren dann etappenweise quer durch das Land, bis Kapstadt im Südwesten. Drei Wochen sind gerade ausreichend, um sich einen halbwegs guten Überblick zu verschaffen, wobei wir das Namaqualand im Nordwesten in Richtung Namibia, sowie den Norden bewusst ausgelassen hatten, da in diesem Wüsten- und Halbwüstenklima ein anderer Vegetationsrhythmus vorherrscht. Wir hatten uns einige Schwerpunkte gesetzt, diese lagen insbesondere im Berg- und Hügelland, an der Grenze zu Lesotho, einem eigenständigen, recht hoch gelegenen Binnenstaat. Wir waren mit einem geländegängigen Fahrzeug unterwegs, und dies war auch höchst notwendig! Die Straßen in den Bergen befanden sich teilweise in einem mehr als abenteuerlichen Zustand, aber gerade diese Herausforderung machte mir kolossalen Spaß, schließlich kamen wir auf diese Weise in Regionen, wo die interessantesten Pflanzen zu finden waren. Mit nur einer Reifenpanne kamen wir davon, dieser wurde uns ausgerechnet in einer äußerst abgelegenen Region beschert, wo wir auf unser gegenseitiges, diesbezügliches „Fachwissen“ des Reifenwechselns angewiesen waren.

Im Hintergrund die sogenannten „Zwölf Apostel“ der Drakensberge von Kwazulu Natal, im Vordergrund eine kurzlebige Kreuzblume (Polygala).

Du solltest dir vergegenwärtigen, dass Südafrika verschiedene Klima- und Vegetationszonen mit einer enormen Pflanzenvielfalt aufweist. Alleine die räumlich sehr begrenzte Kapregion vom Kap der Guten Hoffnung bis nördlich zum Tafelberg zählt zu einem der artenreichsten Hotspots weltweit. Diese wird mit ihren 2.000 Arten wissenschaftlich sogar als ein eigenes „Pflanzen-Kingdom“ gerechnet. In ganz Südafrika kommt man auf die stolze Summe von über 20.000 verschiedene Pflanzenarten. Dies wird auf unserer Erde nur noch vom Amazonas-Regenwald übertroffen. Unmöglich, diese Vielfalt auch nur annähernd im Schnellgang aufzunehmen! Besonders zahlreich und typisch für Südafrika sind die Gattungen Erica (rund 600 Arten), Silberbäume (Protea und Verwandte), Strohblumen (Helichrysum), Gladiolus (160 Arten), Pelargonium, Fackellilien (Kniphofia), Mittagsblumen (Delosperma) und sonstige Sukkulenten, sowie viele andere, uns bekannte und unbekannte Stauden aus dem Blumenzwiebelreich. Ganz besonders interessant aber sind die endemisch vorkommenden Pflanzengattungen und -arten, welche auf einem nur sehr beschränkten Areal vorzufinden sind, oft nur an einem einzigen Berghang, ja nur in wenigen Exemplaren!

Endlich fand ich auch einen meiner Lieblinge: Helichrysum milfordiae, in 3.200 m Höhe in Lesotho

Ich hatte mich schon vor meiner Reise zuhause mit Büchern eingedeckt, im Botanischen Garten in Kirstenbosch und vor allem bei einer einheimischen Saatgutfirma schlug ich dann in ihrem Buchangebot nochmals zu, so dass mein Reisegepäck übergebührlich schwer wurde. Durch den für uns derzeit überaus günstigen Umrechnungskurs hielten sich die Reisekosten sehr in Grenzen, die Fachbücher waren geradezu billig! Ich kann dir daher nur wärmstens empfehlen, mit ein wenig Abenteuerlust dieses Land zu bereisen, am besten auf die Weise, wie wir es machten, dann befindest du dich mitten im Geschehen!

Hier eine kleine Auswahl an Pflanzenliteratur, es gibt aber noch viel mehr! Trotzdem reicht mir die Literatur sicher aus, um viele mir unbekannte Pflanzen nachzubestimmen und die schönsten Bilder in einen Vortrag fließen zu lassen!

Südafrika ist das derzeit reichste Land Afrikas, es hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich! Es existieren auf der Welt nur sehr wenige Länder, wo das Einkommen derart ungerecht verteilt ist, man braucht während der Reise nur seine Augen aufzumachen. Und die Spuren der Apartheid sind leider noch lange nicht vom Tisch, obgleich sich vieles sichtbar zum Besseren gewendet hat. Wer sich ein wenig über diese Thematik informiert, kann kaum glauben, dass diese zutiefst erniedrigende Politik bis in die 90er-Jahre hinein blanke Realität war. „Zeit heilt Wunden“ heißt es so schön, bis sich allerdings Schwarz und Weiß auf Augenhöhe befinden, wird wohl leider nochmals eine geraume Zeit vergehen. Heutzutage scheint die grassierende Korruption wohl das größere Übel zu sein. Soviel nur dazu!

Eine der 160 Gladiolenarten!

Beeindruckende Gräserlandschaft im Hochland von Easter Cape

Glumicalyx gosseloides, eine der typischen Vertreter der Drakensberge

Kennzeichnend für die tafel- und terrassenförmigen Berge in Südafrika ist auch ihr allgegenwärtiges Grün bis in die obersten Spitzen. Weite Landstriche in den kühleren Regionen dienen als ausgedehnte Viehweiden. Was mir noch auffiel, sind die teilweise verstreuten und sehr zersiedelten Dörfer. Fast nirgends konnte man einen Ortskern mit einem Gemeindezentrum oder Gasthaus ausmachen. Das Leben spielte sich auf dem Feld, auf der Straße und zuhause ab. Auch Rasthäuser an den großen Fernrouten waren unüblich, höchstens an Tankstellen, dafür bekam man allen Ortes frisches Obst und Fertiggerichte auf der Straße angeboten. Hotels waren eher in der Küstenregion und an der sogenannten Gardenroute im Süden reichlich zu finden, jedoch kaum im Landesinneren. Wir übernachteten hingegen meist in Lodges. Das landschaftlich wunderschön gelegene Kapstadt war nicht das, was ich mir erträumte, sondern eine Ansammlung hochmoderner Gebäude und hipper Feriensiedlungen entlang des Ozeans, ohne nennenswerten Altstadtkern, von den Einheimischen „Mini-Europa“ genannt, umgeben von riesigen Townships der schwarzen Bevölkerung.

Uns bot sich in den Bergen eine einzigartige, archaisch anmutende Landschaft, welche nahezu unvergleichlich ist!

Erythrina humeana, leider das einzige Exemplar, dafür umso prächtiger!

Ein Höhepunkt einer Südafrikareise ist eine Fahrt zum Kap der Guten Hoffnung, welches rund 60 km südlich von Kapstadt liegt. Diese Landspitze galt früher den Reisenden zu Schiff als Anhaltspunkt, als Übergang vom Atlantik in den Indischen Ozean. Hier herrscht meist ein rauer Seegang. Wenn man Glück hat, sieht man Wale und Delphine, aber auch Robben. Wir hatten großes Glück, war es doch nahezu windstill, was nur selten vorkam. Ausgerechnet hier gab mein Handy den Geist auf, aber ich hatte ja meine gute Kamera mit! Die Pflanzenwelt in der unmittelbaren Kapregion war einmalig und ganz besonders, wie man sie weltweit auf einem so engen Raum nicht wieder vorfindet. Die Kapregion ist ein streng geschützter Naturpark, ein für Südafrika hoher Eintrittspreis hält jedoch den Touristenstrom kaum ab. Und noch etwas solltest du wissen: das Kap der Guten Hoffnung stellt gar nicht den südlichsten Punkt Afrikas dar, wie landläufig immer angenommen wird, sondern dieser liegt etwa 70 km weiter in östlicher Richtung und heißt Kap Agulhas.

Syncarpha vestita ist eine seltene, auf der Kaphalbinsel endemisch vorkommende Strohblumenverwandschaft, welche bis 50 cm hoch wird.

In den Bergen botanisierend unterwegs zu sein, das bedeutete für mich immer schon ein tolles Erlebnis, ein Highlight nach dem anderen sehen zu dürfen, die Pflanzenjuwele blühend vorzufinden. Dies bereitet mir immer ein erhöhtes Glücksgefühl! Für mich war stets die Erkenntnis vorrangig, was mit wem in Kombination steht, vor allen Dingen in welchem Lebensbereich! Hier zwei Beispiele: wir verbinden Fackellilien (Kniphofia) und Kapfuchsie (Phygelius capensis) in unseren Gärten mit Sonne und Trockenheit. In ihrer Heimat ist das Gegenteil der Fall, beide wuchsen sowohl in sumpfigem Morast, entlang von Gewässern als auch teilweise in beschatteten Lagen. Jedoch ist da ein kleiner, aber entscheidender Unterschied zu unserem Klima auszumachen. In Südafrika regnet es in der Vegetationszeit übergebührlich stark, später im dortigen Herbst und Winter fällt regional kaum noch Niederschlag, während bei uns die Winter doch nass sein können. Bei manchen Stauden und Sträuchern fiel mir auch auf, dass diese teils auf purem, mineralischem Oberboden wuchsen, ganz besonders die berühmten, südafrikanischen Proteengewächse.

Hier eine der sagenhaften Proteengewächse (Protea neriifolia)

Ein weiteres Muss anlässlich einer Reise nach Südafrika ist der Besuch des Botanischen Gartens Kirstenbosch. Er gilt weltweit als einer der eindrucksvollsten, was jedermann bestätigen kann, denn seine Lage am östlichen Fuße des Tafelberges und der Blick in Richtung Kapstadt ist wohl einzigartig. Unter Bezugnahme der einheimischen Flora wurden auf dem 53 ha großen Areal diverse Pflanzungen in Form von großen Inseln geschaffen. Die Infotafeln, die Wegeführung, das angeschlossene Gartencenter und die Restaurants inklusive der Souvenir- und Bookshops machen den Besuch zu einem Erlebnis. Besonders hat mir das Arboretum und hier die großartige Sammlung der Baumfarne gefallen. Für eingefleischte Pflanzenliebhaber kann dieser Garten aufgrund seiner Vielfalt jedermanns Herz höher schlagen lassen, doch leider auch zu gröberen Enttäuschungen führen! So ist es mir ergangen, da die Pflanzenetikettierung mehr als miserabel war. Ich wollte besonders die Eriken, Proteen- und Pelargonienvielfalt eingehend studieren, allein war dies nicht möglich, da vertauschte oder meist gar nicht vorhandene Pflanzenschilder zur Frustration führten. Teilweise fand ich auch relativ ungepflegte und überständige Pflanzenbestände vor. Bin ich in dieser Weise vielleicht etwas zu europäisch kleinkariert, zu pingelig? Jedenfalls sah ich diesen wunderschönen Garten mit meinen Augen eher als einen ausgedehnten Landschaftspark mit botanischer Vielfalt an.

Hier ein Blick in Richtung Tafelberg, von Kirstenbosch aus gesehen

Das Frühjahr steht vor der Türe, wir sollten allerdings froh sein, wenn nächtliche Fröste und kalte, bewölkte Tage den Vorfrühlingsflor noch etwas zurückhalten. Nichts ist schlimmer als ein milder Winter, gekoppelt mit strengen Barfrösten im März, wenn alles auf Frühling eingestimmt ist! Hier blühen Cyclamen, Schneeglöckchen und Zaubernuss noch sehr verhalten und das ist gut so!

So kann ich mit gutem Gewissen noch ein paar Vorträge halten und Artikel schreiben. Du kannst mich kommendes Wochenende am Sonntag, den 6. Februar im Botanischen Garten Kiel hören.

Die Schneeglöckchenwoche findet dann statt, sobald es die Witterung zulässt. Du kannst dies auf unserer Startseite ersehen, ich gebe dir Bescheid, wenn es soweit ist!

Mit dem Versand beginnen wir ab dem 10. März. Noch ist ja genügend Zeit für dich, in unserem umfangreichen Webshop auszuwählen. Jedenfalls stapeln sich bei uns deine Aufträge, sicher wird es für manche der Raritäten wieder eng werden! Und für die kommende Saison haben sich bereits etliche Busse angemeldet. Vielleicht sehen wir uns einmal auch auf diese Weise?

Ich wünsche dir jedenfalls noch einen geruhsamen Winterausklang und wir sehen, schreiben oder hören uns!

Dein Staudengärtner Sarastro

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