Newsletter V/2013 (Sammelleidenschaften: Sorten des Buschwindröschens)
Liebe Pamina, hallo Papageno!
Noch keine zwei Wochen ist es her, da bangten wir geradezu um den Frühling, jetzt ist er endgültig da und der Wonnemonat Mai hat uns wieder in den Bann gezogen. Es ist eine so schöne Zeit, die man gar nicht genug genießen möchte. Für uns Gärtner bedeuten diese Wochen zunächst allerdings alles andere als ein Genuss. Wir sollten in den Monaten März bis Juni einen Großteil unseres jährlichen Einkommens verdienen. Trotzdem erfreuen natürlich auch wir uns über das Erwachen der Natur und saugen all die Schönheiten in uns ein. Vieles nehmen wir mehr oder weniger im Vorbeirennen wahr, so beispielsweise dieses phantastisch schöne Dreiblatt aus Kalifornien, ein Klassiker, der in vielen Büchern wie selbstverständlich abgebildet wird, aber „ A pig in propagation“ ist! Wie schön wäre es, gerade jetzt um diese Jahreszeit in den Bergen und Wäldern umherzustreifen und nach allerlei Absonderlichkeiten und Normalitäten Ausschau zu halten, wie beispielsweise nach gefüllt blühenden Leberblümchen, gestreiften („karierten“) Maiglöckchen oder Anemonen mit scheinbar zerfetzten Blüten und mit Krönchen versehen. Aber diese Such(t)aktionen sparen wir uns auf ferne Zeiten, oder?
Die Sammellust packte mich tatsächlich schon als Kind. Es fing mit Knochen verstorbener Tiere und diversen Versteinerungen an, die ich im Schweizer Jura und im Hotzenwald sammelte. Später ging es dann mit tropischen Orchideen weiter und machte auch nicht Halt vor Büchern und Schallplatten. Irgendwann wurde der Geldbeutel zu einer natürlichen Bremse! Später dann, zu Staudengärtnerszeiten mochte ich die Storchschnäbel sammeln, später kamen dann Hauswurzen und Steinbrech an die Reihe, ein Betätigungsfeld ohne ein absehbares Ende. Schneeglöckchen und Buschwindröschen gaben mir zuletzt den Rest, jetzt sind es Wiesenknöpfe, alte und neue Phloxsorten und natürlich Besonderheiten aller Art. Manche altmodische Stauden suche ich wie eine Stecknadel im Heuhaufen, unter anderem die beinahe verschollenen Primula-pruhoniciensis-Sorten, jene Teppichprimeln, die noch vor 15 Jahren weit verbreitet waren. Inzwischen wurden sie leider von den leichter zu vermehrenden Sämlingssorten völlig aus den Sortimenten verdrängt. Sorten wie ‘Helge‘, ‘Ostergruß‘, ‘Perle von Bottrop‘ sind nicht mehr zu bekommen, wie schade! Selbst ‘Wanda‘ ist kaum mehr echt zu bekommen! Vielleicht hast du die eine oder andere Sorte und kannst mir gegen Tausch oder Bezahlung etwas davon abgeben. Ich möchte einen gärtnerischen Beitrag zur Erhaltung dieser im Garten sehr wertvollen Sorten leisten.
Und wie sieht es mit deiner Sammelwut aus? Kannst du dich beherrschen oder gehörst du sogar zu denjenigen, die Kopf und Kragen riskieren und alles daran setzen, zu einer Seltenheit zu gelangen? Oder legst du keinen Wert darauf und du siehst die Staude eher als „Designerobjekt“ oder Farbenbringer, was ja auch seine Berechtigung hat? Übrigens, wenn Kunden zu mir kommen und behaupten, sie möchten zwar sammeln, aber ihr Garten sei schon zu voll, dann erzähle ich ihnen immer von jener Dame im östlichen Niederösterreich, die in ihrem 800 qm großen Garten mit den Jahren bereits über 6.000 Arten und Sorten versammelt hat. Ein vollgestopfter Sauhaufen und Sammelchaos, würdest du sicher denken. Nein, sie brachte überdies das Kunststück fertig, diese Tausenden von Stauden geschmackvoll und mit viel Liebe miteinander zu arrangieren, dies ist nahezu beispiellos und sehr bewundernswert. Vielleicht liest du gerade diese Zeilen, Elfriede!
Bleiben wir bei den Anemonen. Leider fehlt mir die Zeit, dies noch professioneller zu betreiben. Den Kick meiner Anemonensammelwut habe ich Horst Bäuerlein zu verdanken, der mir ganz zu Beginn meiner Selbständigkeit einige Sorten an Buschwindröschen verkaufte. Weil ich sie damals wollte, denn sie gehören für mich in ein Staudensortiment, so wie der Rittersporn und die Funkie. Doch sie faszinierten mich so sehr, dass ich in weiterer Folge alles an Buschwindröschen sammelte, was mir in die Finger kam. Mit den Jahren erfuhren nicht wenige Liebhaber von meinen Sammeltätigkeiten und schickten mir im Tausch gegen andere Seltenheiten einige Rhizome von neuen Sorten, denn es gab ja nicht viele, die so verrückt waren. So bekam ich Anemonen zunächst aus der Steiermark, aber auch aus verschiedenen Gegenden Deutschlands, Englands und Holland, in weiterer Folge kamen dann geheimnisvolle Päckchen aus Finnland und Schweden. Ein estnischer Kollege und Freund sorgte ebenfalls für weitere Bereicherungen des Sortimentes.
In Georg Uebelharts Garten im Hohen Norden in der Heide standen wir eines Abends vor zwei entzückend niedlichen Anemonen mit großen, rosa Blüten, denen ich dann die Namen seiner reizenden Kinder Tilo und Marcelina gab. Und ich erinnere mich an ein spannendes Gespräch auf dem Parkplatz vor dem Kiekeberg mit Endre Földesi, der in der Natur ein Exemplar mit nahezu schwarzen Blättern fand. Doch auch bei meinen Eltern fanden sich dunkelblättrige Exemplare im Rasen. Und hier vor der Haustür im Innviertel wachsen ebenfalls Anemonen! So fand ich ‘Antiesen‘ und ‘Schwefelglanz‘. Du lernst bald die vielen Feinheiten erkennen, mehr und schneller als beim Weiß deiner Schneeglöckchen! Nun kultivieren wir bereits über 100 Sorten und jedes Jahr kommen einige hinzu. Viel schwieriger war es, an historische Sorten zu gelangen, deren Namen man aus Büchern kannte. ‘Parlez Vous‘ oder ‘Lady Doneraile‘ erinnerten mich lebhaft an die Suchaktionen. Mein Bestreben ist es vor allem, einem Chaos der Sortenvielfalt Einhalt zu gebieten, indem man sie alle nebeneinander besitzt. So wird manchmal behauptet, dass die alte Sorte ‘Dee Day‘ blau sei, ich besitze jedoch das Originaletikett aus England, wo darauf vermerkt ist, dass diese prächtige, weiße Sorte schon um 1920 entstand. Und jene ‘Lena‘ aus Flensburg besitze ich in dreierlei Ausführungen, welches die echte ist, konnte mir noch kein Mensch verraten!
Der beste Boden für Buschwindröschen ist ein lehmig-humoser Boden im lichten Halbschatten. Hier in unserer großen Schatteninsel pflanzte ich vor 10 Jahren drei Exemplare von A. nemorosa ‘Royal Blue‘, die nach wenigen Jahren gut und gerne einen Quadratmeter einnahmen. Die ersten Jahre blühten sie prächtig, auch wenige Meter entfernte Tuffs von ‘Green Dream‘ und ‘Hilda‘ sorgen für allgemeine Begeisterung. Doch dann ließen sie auf einmal nach mit dem Blühen und deren Laubschöpfe wirkten ohne Blüten langweilig! Selbst Düngen half nichts mehr. Ich konnte dieses Phänomen auch bei manch anderen eingewachsenen Stauden beobachten, die zu lange am selben Standort standen. Ein Verpflanzen tat also not und wenig später stellte sich reicheres Blühen ein.
Untenstehend eine kleine Bildergalerie aus unserem Repertoire von über 100 Sorten. Ich werde dir gar nicht erst die einzelnen Sortennamen verklickern, die kannst du ganz bequem auf unserer Website im Shop studieren. Jedenfalls gehören die Buschwindröschen inzwischen zu unseren begehrtesten Stauden und wir exportieren sie in alle Herren Länder. Leider können wir bei manchen Sorten nicht so zaubern, um immer deine Sucht zu befriedigen, denn sie wachsen unterschiedlich und einige begehrte Sorten sind daher schnell ausverkauft.
Der 1. Mai ist bekanntlich der Tag der Arbeit. Vielleicht komme ich für ein paar Stunden dazu, im eigenen Garten etwas Unkraut zu zupfen. Denn dies macht sich bei diesem Wachswetter schon wieder breit. Und unser Staudenversand nimmt kein Ende, der hat neben der Vermehrung der Stauden momentan oberste Priorität!
Nebenbei vergiss nicht auf die Pflege deines Kiesgartens! Auch dort keimt sehr rasch auch im scheinbar sauberen Kies das Unkraut und andere lästige Beikräuter, die du sicher nicht dort sehen möchtest. Dagegen hilft übrigens keine Folie oder Vlies, obgleich ich dies schon hundertmal von Kunden hörte, weil dadurch angeblich das Unkraut abgehalten würde. Vergiss dieses Ammenmärchen! Du musst dir nur die Natur vergegenwärtigen. Wenn ausdauernde Wurzelunkräuter wie Giersch oder Quecken im Boden vorhanden sind, dann finden diese ihren Weg ans Tageslicht, mit oder ohne Folie, nämlich just dort, wo du für deine Stauden Löcher in die Folie gestanzt hast. Quecke und Bergminze in trauter Eintracht, wie schön sieht dies doch aus! Und einjähriges Unkraut keimt im Kies in den Zwischenräumen, denn mit der Zeit sammeln sich herabgefallene Blätter und so bildet sich auf diese Weise Rohhumus, wo wiederum Unkraut keimt. Du könntest deine Kiesfläche natürlich auch abkärchern! Sarkasmus beiseite, rechtzeitig das Unkraut herausgezupft verhindert weiteres Aussamen. Bei Gelegenheit werde ich dir über unseren Kiesgarten in der Gärtnereieinfahrt berichten!
Das Verkaufsoffene Wochenende war wieder ein grandioser Erfolg und ich danke dir für deinen zahlreichen Besuch! Übernächstes Wochenende stehen wieder die Freisinger Gartentage an. Für mich sind sie einer der Höhepunkt im Gartenjahr, schon deshalb, weil dort ein überaus dankbares und kenntnisreiches Publikum zu erleben ist. Wir stehen wie gewohnt vis a vis des südlichen Haupteinganges am Landratsamt im östlichen Teil Freisings. Auch die Reichersberger Gartentage finden Ende Mai statt. Das sehenswerte Stift Reichersberg liegt etwa 5 km von der Gärtnerei entfernt. Du kannst also bequem die Gartentage mit einem Besuch bei uns verbinden. Wir halten Samstag den ganzen Tag extra für dich offen! Dann ist noch die “Artisana Primavera“ in Wien im 13. Bezirk. Du findest darüber näheres im Internet und auf unserer Website.
Ansonsten wünsche ich dir alles Gute und noch viel Gärtnerglück in diesem Frühling!
Dein Staudengärtner Sarastro