Newsletter VI/2019 (Arisaema, besondere Schattenstauden)

Liebe Pamina, hallo Papageno!

Endlich regnet es kräftig, hier in Österreich mancherorts vielleicht auch schon wieder zu stark. Aber noch gilt es zumindest bei uns das aufzuholen, was im letzten Jahr weit zu wenig war. Das Dilemma ist nur, dass es irgendwie ganz nach einem nassen und verregneten Sommer aussieht. Aber warten wir es ab. Die Zisternen werden sich wieder langsam füllen und unsere Wälder als wichtigstes Feuchtigkeitsreservoir erholen sich nach der immensen, letztjährigen Trockenheit wenigstens einigermaßen.

Hältst du was auf Lostage? Der 27. Juni ist solch einer, bei uns auch Siebenschläfer genannt. „Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt!“ Dies trifft tatsächlich ganz besonders auf Süddeutschland, der Schweiz und Österreich zu, in Norddeutschland mit seinem maritimen Klima weniger. Ähnlich der Schafskälte oder den Eisheiligen waren dies wichtige Anhaltspunkte im Jahreszyklus unserer Vorfahren. Ob diese Art Bauernregel heute auch noch so gilt, hängt von verschiedenen komplizierten Faktoren des Weltklimas ab, dazu bin ich jedoch viel zu wenig Fachmann. Es darf spekuliert werden!

Faszination Blütenfülle versus Blütenfalle? Bald ist es wieder so weit und die Feuerkolben (Arisaema) fangen an auszutreiben. Die Aufzucht ist einfach und doch wieder nicht, da es bis zur ersten Blüte sehr lange dauert. Einfach mittels ihrer Brutknollen, die manche Arten reichlich bilden. Langwierig vom Samen bis zur ersten Blüte. Einige Arten sind ausreichend winterhart, vorausgesetzt, du pflanzest sie tief genug und gönnst ihnen im Halbschatten ein Plätzchen in guter, kompostreicher Erde. Hier im ersten Bild möchte ich dir Arisaema ciliatum var. liubanense vorstellen, gleich danach den Fruchtstand von Arisaema stewartiana, einer Art aus den Wäldern Nordamerikas. Wenn du das Bild siehst, wirst du verstehen, warum wir von Feuerkolben sprechen.

Arisaema ciliatum var. liubanense

Arisaema stewartiana

Manche Blüten fordern uns geradezu heraus, sie zu verwenden! Sie sind nicht gerade spektakulär, jedoch in ihrer Form durchaus ungewöhnlich. Dazu zählt Trautvettera caroliniensis var. occidentalis, eine Waldpflanze aus dem Osten der USA. Wir kultivieren sie schon relativ lange und jedes Jahr erfreut sie uns mit ihren kleinen, aber sehr zahlreich erscheinenden, sehr hübschen Sternchenblüten. Auch hier haben wir es mit einer Staude des Schattens zu tun, sie ist anspruchslos und darüber hinaus sogar relativ langlebig. Mit einer Höhe von nur 40 cm kann sie nahezu überall integriert werden. Irgendwie erinnert mich Trautvettera an eine Wiesenraute (Thalictrum), es gibt einige Arten, die nahezu dieselbe Blütenform besitzt.

Trautvettera caroliniensis var. occidentalis

Anlässlich eines Gartenbesuches bei einer treuen und langjährigen Kundin in einer unserer Nachbargemeinden entdeckte ich einen üppigen Bestand von Silene fimbriata, einer Art aus den Monsuntälern des Himalayas. Eigenartig, denn diese Art verträgt sogar trockenen Schatten, wenn dieser allerdings nicht zu trocken ausfällt! Ich erbat mir Samen, der eigenartigerweise nicht daran dachte, zu keimen! Dann bekam ich von ihr einen Schwung Pflanzen, die wir intensiv teilten und auf diese Weise vermehrten. In unserem Schaugarten fühlte sich diese Lichtnelke sofort gut aufgehoben, sie blüht zur Zeit sehr üppig! Sehr beeindruckend, diese gefranselten Blütchen!

Silene fimbriata

Du wirst dich sicher wundern, aber ich war dieses Jahr doch tatsächlich das erste Mal bei den Freisinger Gartentage als Besucher unterwegs, sozusagen „incognito“. Und das bei denkbar schlechtem und dazu noch sehr kaltem Wetter! Es war ein Spontanentschluss, den ich mir mit zwei Mitarbeiterinnen und einem Freund am letzten Ausstellertag gönnte. Ich hatte ja diese Gartentage leider ersatzlos gestrichen, die Gründe hatte ich dir im letzten Rundbrief unterbreitet. In all den Jahren kam ich überhaupt nur ein einziges Mal als Besucher zu irgendwelchen Gartentagen, das war vor einigen Jahren in Tüssling, ansonsten war ich immer und überall der teilnehmende Mitaussteller. Eine solche Veranstaltung einmal von der Seite eines Besuchers erleben zu dürfen, ist doch etwas gänzlich anderes, noch dazu, wenn man als Berufsgärtner viele Dinge aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet. Kurz und gut – es war schweinekalt, um es mal gemäßigt auszudrücken. Unter den Ausstellern herrschte nicht gerade Bombenstimmung, sie konnten einem regelrecht leidtun, obgleich wir früher gerade in Freising desöfteren solch windiges und nasskaltes Wetter erleben durften.

Endlich wurden wir hineingelassen, die Studenten nahmen die Minuten bis zum Einlass sehr päpstlich, vom Warten froren mir langsam die Beine ein. Deshalb gönnte ich mir sogleich einen echten, persischen Schwarztee von Frau Schirin, meiner ehemaligen Stand-„Gegenüber“. Bei diesem Wetter genau das Richtige! Der Tee war traditionell mit Kardamom gewürzt und es gab dazu Kekse, die geradezu himmlisch schmeckten, man durfte den Orient förmlich hineinziehen! Wir sprachen in diesen unruhigen Zeiten zwangsläufig auch über Politik und machten uns ernsthafte Sorgen über die nahe Zukunft. Aber ändern konnten wir beide nun nichts daran, aber wir waren uns so sehr einig, dass es gerade die Pflanzen- und Gartenmenschen sind, welche in friedlicher Koexistenz über Grenzen hinaus kommunizieren. Auf meinem langjährigen Stand war nun ein Dekofritze zu finden, aber mit ausgesucht schönen Keramiken. Ich war ja in Freising von Beginn an mit dabei und ein wenig Wehmut kam schon in mir hoch, sind es doch Gartentage, welche sich qualitativ von anderen Veranstaltungen besonders im süddeutschen Raume stets abhoben. Aber ich konnte mir insgeheim doch die kritische Frage erlauben, wie lange eigentlich noch? Als Pflanzeninteressierter und Anhänger einer gewissen gehobenen Gartenkultur bekam ich sogleich eine schallende Ohrfeige ins Gesicht, als ich plötzlich in einem der Innenhöfe vor einem riesigen Zelt eines Billiganbieters stand, welcher versuchte, seine gekühlten und damit verzögerten Blumenzwiebeln zur Unzeit zu verhökern. Keine zehn Meter weiter standen meine besten Freunde und Kollegen mit ihren Besonderheiten und Raritäten. Sie kamen teilweise von sehr weit her, mit besonderen Rosen aus Hamburg, Stauden und Alpenpflanzen aus Slowenien, Hostas vom Chiemsee oder ausgesuchte und exquisite Stauden aus dem Schwabenländle. Discounter mit Handelsware trifft neuerdings auf Raritätengärtner? Das war aber noch nicht alles. Zusehends schlich sich in den letzten Jahren mehr und mehr Handelsware unter die Produkte mancher Aussteller. Wo blieb der so heroisch-ideell anmutende Vorsatz, nur solche Aussteller zuzulassen, welche zum größten Teil ausschließlich ihre eigenen Erzeugnisse feilboten?

Überhaupt hatte ich das Gefühl, dass in Freising in vergangenen Zeiten schon mal besser verkauft hatte, besah man sich nämlich die Stände, waren gewaltige Unterschiede festzustellen. Aber das war ja zum Glück nicht mein Problem, ich hatte dir ja im letzten Brief geschrieben, was es heißt, auf Ausstellungen zu fahren. Ich will jetzt wirklich nicht die Freisinger Gartentage schlechtreden, aber wäre es nicht wesentlich zielführender gewesen, sie qualitativ rückzubauen, sie wieder auf die zwei Innenhöfe zu beschränken, so wie wir einstmals vor über 20 Jahren anfingen? Denn Menge ist nicht gleich Qualität, übrigens ganz und gar nichts Neues. Aber gerade die Qualität ist es, die sich auf Jahrzehnte bezahlt macht, nämlich durchaus für beide Seiten!

Nun zu einem anderen Thema. Insektenmagneten sind momentan en vogue. Wie schön, endlich, es ist höchste Zeit! Aber darüber schreibe ich dir ganz ausführlich beim nächsten Mal! Nur so viel, als dass Anis-Ysop, Bergminzen und Indianernesseln sich momentan wie von selbst verkaufen. Und dass ich dir endlich unser neues, sehr großes Insektenbeet vorstellen möchte, direkt vor meiner Haustüre, wo 700 Insektenmagneten in 45 Arten und Sorten gepflanzt wurden. Lass dich überraschen!

Ansonsten läuft es hier wie gewohnt weiter. Ich plane momentan schon im Geiste das Umfeld unseres neuen Verkaufspavillons. Es soll dort ein Spaltengarten entstehen, getreu unserer tschechischen Nachbarn, in der Sonne und im Schatten, trocken, heiß und kühl. Und dann nach und nach das ganze Drumherum, ein Sitzplatz soll her, zunächst muss die alte Hütte aber noch weichen! Den 1. und 2. Juni sind wir in Kohfidisch im Mittelburgenland. Da freue ich mich jedes Jahr darauf, obgleich diese Gartentage ja noch nicht sehr lange existieren. Hoffentlich bei ähnlich gutem Wetter wie in den vergangenen Jahren. Ich komme dieses Jahr nicht alleine, sondern nehme meinen langjährigen Freund und früheren Mitarbeiter Sebastian Ehrl mit, der dir am Sonntag einen Vortrag am lebenden Objekt halten wird. Er hat ja Routine in solchen Dingen und kann Besucher wie Pflanzenliebhaber mit seinem Charme sehr gut in Begeisterungsstürme versetzen!

Mitte Juni werden wir uns dann wieder in Seitenstetten im Mostviertel treffen, im historischen Hofgarten des dortigen Stiftes. Wir stehen gleich links in Richtung Meierhof, wenn du durch das Hauptportal gehst. Mal sehen, was zu diesem Zeitpunkt heuer in Blüte steht! Es ist immer schwer abzuschätzen, was ich dir an Gartentagen präsentiere, denn es schaut momentan so aus, dass wir in bei manchen Blüten zeitlich etwas zurück liegen, bedingt durch die jetzige kühlere Wetterphase.

Wann ich selbst dort sein werde, steht noch in den Sternen, denn ich bekomme an diesem Wochenende gleich zwei Busse, denen ich mich widmen muss. Immer mehr deiner Gartenbegeisterten reisen mit Bussen zu uns an, das finde ich ganz prima! Eine größere Gruppe wird entweder von mir oder von Rosemarie durch die Gärtnerei und die Schauanlagen geführt. Immer mehr kommt es vor, dass Einzelpersonen sich an einer Führung anhängen. Das freut uns natürlich! Falls du an einer solchen Führung teilnehmen möchtest, dann frage bei uns per Mail oder telefonisch nach, wann wieder ein Bus uns besucht. Wir teilen dir Datum und Uhrzeit mit, du kannst dich sehr gerne anschließen!

So, das war es schon wieder. Unten siehst du übrigens meine derzeitige Sarastro-Truppe, auf die man nur sehr stolz sein kann!

Ich wünsch dir alles Gute

Dein Staudengärtner Sarastro

v.l.n.r.: Rosemarie, Margit, Angela, Gabriele, Sarastro, Gerlinde, Andrea

Christian H. Kreß und Mitarbeiter

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