Newsletter XII/2021 (Reineckea, Gräsergarten)

Liebe Pamina, hallo Papageno!

Dies ist tatsächlich schon wieder der letzte Rundbrief, den ich dir dieses Jahr schreibe! Die Zeit rennt mir davon, wir befinden uns bereits im Advent, meine Stimmung hierzu möchte ich hier nicht beschreiben! Jedes Jahr arbeite ich mit meinen Damen länger und länger, da dies das Wetter zulässt. Solange kein Dauerfrost Einzug hält, können wir noch sehr viel erledigen, vermehren, topfen. Alles, was an Arbeit jetzt geschieht, sparen wir uns im stressreichen Frühjahr.

Als letzte Blüte in diesem Jahr darf ich dir Reineckea carnea zeigen. Diese hübsche Schattenstaude aus Japan ist noch viel zu wenig bekannt, sie gehört zu den Spargelgewächsen, manche nennen sie unverständlicherweise auch Japanisches Maiglöckchen. Derzeit fällt mir allerdings auch kein besserer deutscher Name ein! Wir kultivieren mehrere Sorten, die zu unterschiedlichen Zeiten blühen. Hier siehst du den herkömmlichen Typ, welcher rasenartig wächst und im Halbschatten dichte Teppiche bildet. Leider sieht man die ab Mitte Oktober erscheinende Blüten kaum, da sie wie versteckt unter den grasartigen Blättern sitzen. Du kannst einen Teil der Blätter abschneiden, um dich daran zu erfreuen, allerdings hat das dunkelgrüne Blattwerk gerade in schneelosen Wintern seinen Reiz.

Momentan arbeite ich unter Hochdruck an unserem Webshop. Dieser erfuhr ja im Juli einen Relaunch, was zu Deutsch nichts anderes als eine zeitgemäße Runderneuerung und Verbesserung ist. Eine Menge Neuheiten wollen aufgenommen und getextet werden, dazu kommen entsprechende Bilder, damit du dir auch die neue Art oder Sorte besser vorstellen kannst. Bisher konnte ich nahezu ausschließlich positive Reaktionen über den neuen Shop vernehmen, was uns natürlich sehr freut. Die Filter sind vielfältiger zu gebrauchen, auch eine allgemeine Übersicht aller Gattungen von A-Z ist gegeben, was die Suche enorm erleichtert. Der Shop ließe sich in vielerlei Hinsicht noch weiter ausbauen, mit allen Raffinessen und Zusätzen. Allerdings sagte ich dir ja schon, dass ich trotz allem nicht zum reinen Versandgärtner mutieren möchte! Mir ist dein Besuch bei uns in der Gärtnerei mindestens ebenso lieb. Der Versand der Stauden ist ein sehr wichtiges Standbein, welches ich niemals missen möchte und wir perfektionieren diese Sparte von Jahr zu Jahr, auch dank unserer fleißigen Mitarbeiterinnen.

Mindestens genauso liegen mir jedoch der Verkauf vor Ort und die Schaugärten sehr am Herzen! Ich schrieb dir ja, dass wir hier gewaltig am Erweitern sind. Die Rasenflächen zwischen den Inselbeeten schafften wir in letzter Minute, bevor uns eine Regenfront erreichte. Es wird immer gesagt, man solle Rasen generell nur bis Ende September einsäen, aber auch Ende Oktober kannst du noch ohne Weiteres Rasen anbauen, dies ist allemal besser als im Frühjahr, wo man ewig nicht den Boden bearbeiten kann, weil dieser meist noch viel zu nass ist. Wenn dann eine Trockenperiode ins Land zieht, bist du gezwungen, zu wässern, was du dir im Herbst ersparen kannst. Inzwischen grünt der Rasen schon kräftig, ein Beweis, dass wir richtig gehandelt haben. Schließlich wächst Unkraut ebenfalls in milden Wintern! Und noch ein kleiner Tipp: falls du immer noch Stauden oder Sträucher in einer Ecke liegen oder vergessen hast, zu pflanzen, dann mach das bitte jetzt noch! Denk immer dran, dass ein provisorischer Einschlag von Pflanzen im Grunde genommen nichts anderes ist als reguläres Pflanzen. Von der Erde umgeben geht es allen Stauden und Gehölzen wesentlich besser als im Topf, der irgendwo im Gewächshaus oder in einer Garage herumsteht, es sei denn, es handelt sich um nässeempfindliche Dinge.

Ich überlege die ganze Zeit über, welche Themen ich den großen Staudeninseln auf dem neu angelegten Feld widmen werde. Es sollten unterschiedliche Charaktere entstehen, auf jeden Fall eine Trockene Freifläche, eine Art Prärie, frei nach Sarastro? Ein Gehölzgürtel nach Westen soll entstehen, mit den dazugehörigen Stauden. Und ich liebe so sehr die Kombination Rosen und Stauden, werde stets ein großer Anhänger von Mixed Borders sein. Ja, ich weiß, diese machen die meiste Arbeit, dafür aber geht einem das Herz auf, betrachtet man solcherart pflanzliche Gemälde. Und auch ein Experimentierfeld möchte ich mir schaffen, wo ich mit Einjährigen und Stauden die Erfahrungen austeste, wie sich Blackbox-Gardening und Ästhetik miteinander vereinen lassen, wie sich Dynamik über die Jahre verhält. Und immer wieder Gräser und nochmals Gräser! Unser Gräserbeet inmitten der Gärtnerei hat sich in den beiden Jahren des Bestehens überaus gut bewährt! Man glaubt es kaum, aber Gräser bedecken fantastisch den Boden, du solltest nur unterschiedliche Wuchsformen, immergrüne Gräser, hohe und niedere miteinander vereinen. Das Einzige sind Prärielilien (Camassia leichtlinii) und Anisysop (Agastache ‘Blue Fortune‘), die ich im Nachhinein im Beet ergänzt habe, denn ausschließlich Gräser war mir dann doch zu wenig, wenigstens ein Frühblüher und ein Sommerblüher!

Hier siehst du unser Gräserbeet, kurz nach der Bepflanzung im Herbst 2019.

Und ein weiteres Bild im Raureif des Spätherbstes in diesem Jahr! Man sieht vor lauter imposanter Gräser keine Mauern mehr! Hier kann kein Unkraut mehr die Oberhand gewinnen!

Jedes Jahr überarbeiten wir unsere vielen Neuzugänge erst jetzt gegen Ende des Jahres. Das ist eigentlich eine kleinere Katastrophe! Unter Überarbeiten versteht der Staudengärtner, dass man die über die Jahre gesammelten Stauden sichtet, diese umtopft, teilt und vermehrt. Wir haben diese in Gewahr in einem abgezirkelten Quartier, wo keine Gäste und Besucher hinkommen. Du glaubst es nicht, wie viel Hunderte an Neuheiten sich mit der Zeit ansammeln! Das macht einerseits gehörigen Spaß, den Sammeltrieb, die Neugierde und Notwendigkeit in Einklang zu bringen. Aber auch hier gilt aus der Erfahrung heraus zu urteilen und danach zu handeln, was längerfristig in unserem Sortiment erhalten bleibt. Denn längst nicht alles davon ist fruchtbringender Weizen, sondern eher die Spreu! Oder geht in den vielen Neuzugängen unter. So bleibt eben einiges auf der Strecke oder ich beurteile dessen Wert viel zu spät.

Aber kommendes Frühjahr stelle ich zwei weitere, sicherlich sehr ambitionierte Gärtner ein, dann sind wir eine schlagkräftige Truppe, wo man sich dann noch intensiver um die Vermehrung kümmern kann, gerade was Neuheiten anbelangt. Die letzten Phlox-Neuzugänge aus Russland warteten in großen Töpfen darauf, dass sie endlich ausgepflanzt werden, was ich vorige Woche gerade noch schaffte. Ich bin schon überaus gespannt, wie sie bei uns wachsen werden, denn eine Topfkultur in der Gärtnerei ist etwas vollkommen anderes als die längerfristige Verwendung im Garten und eine abschließende Beurteilung kann nur auf diese Weise geschehen. Sichtungsgärten können niemals dieser Neuheitenflut begegnen, und so sind wir Sortimentsgärtner lokal auf den Plan gerufen, sich selbst ein Bild zu machen.

Der Versand deiner Stauden neigt sich langsam dem Ende zu. Du kannst aber bereits schon jetzt nach Herzenslust in unserem neuen Webshop schmökern und bestellen. Ich arbeite unter Hochdruck daran, dass viele bereits vermehrte Neuaufnahmen getextet und bebildert werden, diese Aktion wird wohl gegen Weihnachten hin fertig sein. Langsam finde ich auch wieder Spaß daran, bin ich doch ein überaus schwerfälliges Gewohnheitstier! Beim alten Shopsystem machte ich jede Maßnahme und jeden Klick nebenbei, sozusagen im Schlaf, alles ging wesentlich leichter vonstatten, mit demselben Ergebnis, vielleicht nicht ganz so komfortabel für den Anwender und Kunden wie dich. Jegliche neue und hoch gelobte Errungenschaft seitens der EDV wird nicht leichter, sondern zunächst vordergründig komplizierter, meist unübersichtlicher und somit gewöhnungsbedürftiger. Wir haben uns dieser Tatsache anscheinend kritiklos unterzuordnen, das nervt mich aber manches Mal kolossal, vielleicht bin ich auch viel zu ungeduldig, will immer gleich den Überblick haben. Aber wehe, wenn in der Botanik von Zeit zu Zeit manche Namen umgeändert werden, dann ist das allgemeine Geschrei groß!

Du wirst dich sicher wundern, warum keinerlei Vorträge von mir im Veranstaltungskalender angekündigt sind, vor allem auch keine im Zoom-Modus. Ganz ehrlich, das ist überhaupt nicht meines, damit habe ich keinerlei Freude, zum Leidwesen vieler. Nein, entweder live oder gar nicht! Ja, ich verstehe dies voll und ganz, ehe man gar nichts unternimmt, dann lieber solcherart Vorträge. Aber sie sind ganz und gar nicht meine Art, ich entfalte mich lieber vor dir und dem Publikum, das kommt viel mehr an als solcherlei pragmatischen Dinge. Und ich gehe mit meiner Ansicht d’accord mit anderen aus der Szene. Warten wir lieber, bis wieder normale Verhältnisse ins Land gezogen sind. Dann aber werde ich wieder gerne reisen und Vorträge halten.

Du weißt noch kein passendes Weihnachtsgeschenk für deine Lieben?

Mit einem zeitlich nicht limitierten Gutschein von Sarastro-Stauden liegst du keinesfalls verkehrt! Du kannst diesen bequem über unsere Homepage anfordern, es genügt aber auch ein Mail und du bekommst den Gutschein umgehend zugesandt, ebenfalls meine Bücher, die du ebenfalls über unsere Homepage bestellen kannst. Selbstverständlich jedes handsigniert, mit einer persönlichen Widmung, den Text bestimmst du, ansonsten lasse ich mir etwas Passendes einfallen!

In diesem Moment rollt eine vierte Welle über uns gnadenlos hinweg. Wir werden auch diese überstehen, denn nach dieser Pandemie folgt irgendwann die nächste, irgendwann einmal. Und die Menschheit muss damit fertig werden, vorläufig müssen wir auch mit diesem Virus und seinen Mutationen leben lernen. Und hierbei ist jeder verantwortlich für das, was er tut, wie er in bestem Maße auf seine Mitmenschen Rücksicht nehmen kann. Ich wage hier jetzt keinesfalls, Ratschläge zu geben oder gar zu urteilen, das steht mir in keiner Weise zu. Erschreckend ist für mich nur, wie wenig man gerade im deutschsprachigen Raum einer fundierten Wissenschaft Glauben schenkt, sondern die Verantwortlichen unschlüssig herumeiern, sogar noch großmundig das Ende der Pandemie verkünden, dabei wertvolle Zeit verstreichen lassen, stattdessen wird aber lieber krampfhaft nach einem Schuldigen gesucht. Kennzeichnend ist auch, wie geringschätzig und dilettantisch wir Maßnahmen setzten und gerade jetzt keinesfalls jenseits des Horizonts schauen, zu Ländern und Menschen, welche zu Beginn wesentlich leidvollere und bittere Erfahrungen machten, die jedoch daraus lernten, auf die richtige Fährte setzten und sich jetzt sehr gut präsentieren, keinesfalls etwa mit Bevormundung oder diktatorischen Maßnahmen! Ich lasse mich sicherlich nicht mehr auf Diskussionen ein, wenn im Namen der Freiheit ein egoistisches Denken um sich greift, wo Scharlatanerie die Oberhand gewinnt, wo noch dazu Menschen mit hoher Verantwortung mit solcherart schamlos Politik machen, denn dies alles verhärtet die Fronten nur noch mehr. Was mich aber wirklich erschreckt, was mich nachdenklich und traurig macht, ist das spürbare Auseinanderdriften einer Gemeinschaft, eine Art Nulltoleranz von beiden Seiten, die bis tief in Familien und Freundeskreise hineinreicht.

Als Staudenfreunde haben wir alle die riesige Chance, das beste aus dieser unseligen Zeit zu machen, den Jahresrhythmus von Werden und Vergehen wesentlich inniger zu erleben, diese enorme pflanzliche Vielfalt zu bewundern und dabei in der Natur und im Garten Erholung zu finden – und dankbar zu sein, diese gewonnene Kraft vielleicht auch weitergeben zu dürfen.

In diesem Sinne bleibt mir nur noch eines, nämlich dir und deinen Angehörigen einen besinnlichen Advent zu wünschen. Ein schon traditionelles Weihnachtsmail folgt noch!

Dein Staudengärtner Sarastro

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