Newsletter XI/2012 (Einige Gartenbesuche, Namensänderungen)

Liebe Pamina, hallo Papageno,

Das Jahr neigt sich im Galopp dem Ende zu. Zeit, endlich einmal den einen oder anderen Garten von dir zu besichtigen. Versprochen ist versprochen, nur wann dies immer sein wird, steht meist in den Sternen. Jedenfalls danke ich dir ganz herzlich für deine immer offen stehende Gartentür! Einige Gärten wirkten auf mich wie reinster Seelenbalsam und waren echte Entspannung durch die Ruhe und Harmonie, die sie ausstrahlten.

Nicht dass ich irgendeinem jedem gerade modernen Gestaltungsstil hinterherrenne oder meine fixen Vorstellungen zur Staudenverwendung kundtue. Wir leben zum Glück in einer Zeit, wo alles gefallen darf, ähnlich wie bei den Klamotten! Als bewundernswert galten für mich schon immer alle eingewachsenen Gärten mit großer Pflanzenvielfalt, wo Pflanzen noch wachsen dürfen, wo der passionierte Gärtner lediglich kontrollierend eingreift, aber wo auch Zeit und Raum für Neuerungen da ist. Eine verträumte Sitzecke inmitten der Herbstfarben, vor dir legt sich eine filigrane Aster über den Weg, dazwischen überbordende Rosen und Geranium, dahinter grüßt das alles dominierende Mammutblatt, gleich 10 Quadratmeter einnehmend!

Wo Kleinkinder am Spielen sind, da sollte auch der Garten darauf reagieren. Also die Beet- und Wegeränder mit robusten, trittfesten Stauden bestücken. Raritäten ja, aber diese so positionieren, dass kein Ball ihnen etwas antun kann. Im Übrigen sind Kinder im Allgemeinen verständnisvoller als wir Erwachsene glauben. Besser ihnen gleich ein eigenes Beet zugestehen, als immer nur zu maßregeln.

Einige Gartenbesuche in diesem Jahr. Im Verträumten, in scheinbar bedeutungslosen Dingen liegt der Reiz, wie du selbst unschwer erkennen kannst

Zeit, sich wieder einmal Gedanken über gute Literatur zu machen. Ich werde viel zu oft gefragt, welches Staudenbuch von Acanthus bis Zauschneria sich als Gesamtwerk für frisch infizierte Gartenliebhaber eignet. Offen gestanden, das Richtige existiert noch immer nicht, trotz immer neuer „Buchproduktionen“. Mit dem zweibändigen, sehr umfangreichen „Die Freilandschmuckstauden“ von Jelitto-Schacht-Simon, an dem ich damals mitarbeiten durfte, sind einige von dir heillos überfordert. Etliche Gattungen und Arten, die in dieser Literatur angeführt werden, kursieren nämlich nur unter den Spezialisten oder werden ausschließlich in Botanischen Gärten gepflegt. Staudenbücher von A-Z, die mit ihrer Übersichtlichkeit und Auswahl optimal wären, sind lediglich antiquarisch erhältlich. Das Sortiment innerhalb einiger Gattungen ändert sich rasant, was heute auf dem Markt erscheint, ist morgen vielleicht schon wieder weg.
Also alles im Internet recherchieren? Ja und nein. Wenn du dich im Sortiment zeitgemäß orientieren möchtest, dann sind immer noch die Kataloge der Staudengärtner sehr hilfreich, ob du diese nun als Printform vor dir liegen hast oder als bebilderter Webshop. Spezielle Fachliteratur, auch in Form von Monografien helfen dir dann später bei einzelnen Staudengattungen weiter. Und hiervon gibt es eine riesige Anzahl! Es ist ein schönes Hobby, Bücher zu sammeln. Und es ist noch viel spannender, sich der ganzen Sortimentsbreite mit seiner Komplexität hinzugeben und nicht nur mit dem, was momentan aus dem Bauch heraus gefällt und gerade modern ist.

Ein Wort noch zur Etikettierung unserer Schätze. Als fortgeschrittener Pflanzenliebhaber möchtest du sicher auch in Zukunft wissen, welche Sorten du im Laufe der Zeit erworben hast. Um dies dauerhaft festzulegen, führen so manche Pflanzenliebhaber regelrecht Buch über ihre Neuzugänge und notieren alles akribisch und penibel. Dies ist natürlich eine gute Möglichkeit. Eine andere, wesentlich wichtigere Maßnahme ist aber die Etikettierung deiner Pflanzen. Die billigste Methode sind die kleinen, weißen, leicht biegsamen Stecketiketten, die hoffentlich auch nach Jahren nicht brechen. Um diese dauerhaft zu beschriften, kannst du dich eines Bleistiftes bedienen. So kannst du auch nach mehr als 10 Jahren deine eigene Schrift noch lesen, vorausgesetzt, du schreibst in leserlichen Druckbuchstaben! Eine Alternative sind Filzstifte der Marke Edding 756, welche ebenfalls noch nach Jahren lesbar sind. Wesentlich teurer wird eine Etikettierung, wie du sie in den meisten botanischen Gärten vorfindest. Diese gestanzten Kunststoffetiketten kosten ein Vermögen und dein Garten gleicht dann eher einem Soldatenfriedhof als einem ästhetisch schönen Gesamtkunstwerk. Denn Garten und Kunst gehören für mich fix zusammen, egal, ob du nun ein minimalistisches Konzept der Pflanzenverwendung verfolgst oder deine Stauden in naturalistischer, selbst erhaltender Form vergesellschaftest.

Verwirrung mit der Namensgebung stößt immer wieder auf Unverständnis, sei es bei uns oder bei dir. So bekam ich vor zwei Jahren von Hans Kramer aus Holland eine wunderbare Staude, die botanisch eigentlich zu den Halbsträuchern zählte, da sie an der Basis verholzt. Zunächst vermehrte ich sie unter dem mitbekommenen Namen Caryopteris spec. ex Botanischer Garten Prag, was mir natürlich wenig aussagekräftig erschien. Eine unbekannte Bartblume also! Wir machten uns immer lustig, wenn etwas mit spec. ausgezeichnet wurde und sprachen das spec. wie Speck aus! Meine Bekannten in Prag/Troja konnten sich auch keinen Reim daraus machen, als ich recherchierte. Dann aber erfuhr ich woanders her, dass das Ding ursprünglich aus Ostsibirien, Nordchina und der Mandschurei stammen sollte. Meine dubiose Bartblume glich übrigens viel eher einer Bergminze als einer Caryopteris. Jedenfalls bot sie dem Gartenbesitzer mit ihren leuchtend blauen Blüten eine enorme Fernwirkung, dies zeigte die Blüte im September. Und winterhart war sie obendrein, klar, musste sie ja, denn in Sibirien wurde es ja doch noch ganz anders kalt. Jedenfalls stieß ich dann eines Tages auf die Gattung Isodon, bei uns gänzlich unbekannt, aber in Ostasien über weite Strecken verbreitet. Und entdeckte dann im Internet Isodon rubescens, welche mit meiner identisch war. Einige andere Isodon aus Japan und Korea säte ich vor kurzem aus. Man darf also auch gespannt sein auf die Japanische Bartblume und weitere Bartblumen. Ihre Verwendung ist recht vielseitig und kann sowohl im Staudenbeet, als auch am Gehölzrand gepflanzt werden. Ich wage zu behaupten, dass dieser herbstlichen Schönheit eine große Zukunft beschert sein wird!

Isodon rubescens

Isodon rubescens

Lobelia oligophylla

Lobelia oligophylla

Für Namensverwirrung sorge auch eine Polsterstaude, die mir schon lange als Hypsella reniforme bekannt ist. Heute spricht man lapidar von Lobelia oligophylla, als wäre nichts gewesen. Kurz und gut, diese rasenartig wachsende Kleinstaude kommt aus den Anden und blüht eigentlich das ganze Sommerhalbjahr, wenn sie nicht zu trocken steht. Ich kannte dieses Pflänzchen schon zu meiner Schweizer Zeit, als ich in meiner Freizeit in der Gärtnerei bei Max Frei in Wildensbuch stöberte. Er zog damals eine Menge seltener alpiner Stauden und galt als ein Geheimtipp unter vielen Alpenpflanzenliebhabern.

In Zeiten der Globalisierung kommen jede Menge unbekannter Pflanzen zu uns. Das ist schön und für uns alle eine faszinierende und reizvolle Angelegenheit! Leider kommt vieles zu rasant und Halbwissen darüber verbreitet sich noch schneller. Eine gründliche Erprobung der Neuzugänge wäre sehr sinnvoll. Erst dann kann über die Vorlieben und Zicken fachlich fundierte Auskunft gegeben werden. So sah ich auf Pflanzentagen in Deutschland kürzlich einen Anbieter der exotischen Distel mit dem Namen Berkheya purpurea. Sie stammt aus den Drakensbergen Lesothos und Südafrikas und ist bei uns noch weitgehend unbekannt. Einige weitere Arten sind noch weniger verbreitet. Falls du sie ergattern kannst, probiere sie ruhig einmal aus, aber achte auf Individuen, welche möglichst eine oder mehrere Grundrosetten besitzen und nicht nur Blüten. Sorge aber für ausreichende Drainage und Schutz der Blattrosetten vor übergroßer Winternässe. Der Boden sollte von lehmig-sandiger Beschaffenheit sein, also eine ideale Staude für deinen Kiesgarten! Die bezaubernden Blüten gleichen Astern, nur dass diese noch wesentlich größer sind. Besonders gut kommt diese kratzige Schönheit neben Palmlilien, Mittagsblumen und anderen Exoten zur Geltung. Prächtige Individuen erreichen eine Höhe von gut 80 cm.

Unser Schaugarten im Herbst mit Blutgras, Chinaschilf und Acer rubrum ‘October Glory‘

Unser Schaugarten im Herbst mit Blutgras, Chinaschilf und Acer rubrum ‘October Glory‘

Nerine x sarniensis

Nerine x sarniensis

Berkheya purpurea

eine Blütendistel aus den Drakensbergen Südafrikas

 Berkheya purpurea

Berkheya purpurea,

Leider ist sie nicht winterhart! Ich meine die Guernsey-Lilie, welche uns in diesen Wochen mit ihren leuchtend orangeroten Blüten erfreut. Und trotzdem, du hast ja auch Schmucklilie (Agapanthus), Gewürzrinde (Cassia) und vieles mehr zu versorgen. Ein Exemplaar dieser orangen Guernsey-Lilie (Nerine x sarniensis) bekam ich einst von Beth Chatto persönlich geschenkt, als ich mit zwei Freunden vor nunmehr 25 Jahren das erste Mal ihre wundervolle Gärtnerei besuchte. Seither begleitet dieser Südafrikaner uns über Wochen. Guernsey-Lilie deswegen, weil sie auf den Kanalinseln verwildert angetroffen wird. Den Sommer über zieht sie komplett ein, um dann im Herbst mit ihren spektakulären Blüten aufzutrumpfen. Regelmäßige Düngergaben über den Winter sichern eine üppige Blüte. Im eingezogenen Zustand im Sommer stellst du sie an einen schattigen, trockenen Platz und kannst sie eigentlich bis zum Herbst vergessen, denn sie meldet sich spätestens im kommenden Oktober mit ihren fast schreiend-kitschigen Blüten.

...Produktionsflächen mit Ideen einer neuartigen Staudenverwendung

Zwei weitere Einblicke in unser Reich: hier verschmelzen...

Momentan topfen wir Zwiebelpflanzen und das trocken-kalte Herbstwetter erlaubt uns, noch einmal die Schaubeete auf Vordermann zu bringen. Bei deinem letzten Besuch in der Gärtnerei gaben wir dir den gut gemeinten Tipp mit, alles Verblühte stehen zu lassen und erst im Frühjahr die Staudenbeete durch zu putzen. Zu den Ausnahmen zählen Astern, von denen manche die unangenehme Eigenschaft besitzen, sich auszusähen. Man kann jetzt wieder herum philosophieren, warum und wieso die eine oder andere Staude stehen bleiben muss. Auch hier gilt: mach es so, wie du für richtig hältst, schneide aber die Stauden zurück, die zur Selbstaussaat neigen. Fest steht jedenfalls, dass dein Garten nicht spätestens zu Allerheiligen abgeschleckt sauber wie die meisten Friedhöfe sein muss, sondern im Vorfrühling noch Zeit genug dafür ist. Denn auch deine Vögel im Garten genießen die stehen gebliebenen Rispen mancher Stauden als willkommenen Leckerbissen.

Falls du aber eine Menge Zwiebelpflanzen in den Beeten hast, dann ist ein Herbstrückschnitt wesentlich sinnvoller und geschickter. Darum schneiden wir in wenigen Wochen unsere Schaubeete restlos nieder. Warum tun wir dies? Weil sich in unseren Beeten nicht nur Narzissen und Tulpen tummeln, sondern sehr viele Schneeglöckchensorten wachsen, die im Frühjahr nur unnötig gestört würden, wenn wir dann wie die Störche in den Beeten umher staksen.

Deine alten, überständigen Pfingstrosen kannst du auch jetzt noch mühelos verpflanzen. Versorge sie mit gut ausgereiftem Kompost. Und das Wichtigste gleich zuerst! Niemals tiefer wie 2-3 cm mit Erde bedecken! Wir kultivieren keine Gartenhybriden, weil sich in allernächster Nähe und auch in regionaler Umgebung mindestens vier namhafte Pfingstrosenanbieter tummeln. Aber dafür habe ich mit den Jahren ein recht abwechslungsreiches Wildpäoniensortiment aufgebaut, welches im kommenden Herbst wieder vermehrt und angeboten wird.

Viele Grüße aus dem zutiefst herbstlichen Innviertel
Dein Sarastro

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