Newsletter I/2013 (Wiesenknöpfe, Bärenklau etc.)

Liebe Pamina, hallo Papageno!

Als ich letzte Woche durch unseren winterlichen Schaugarten flanierte und mir die verdorrten Stängel der Wiesenknöpfe betrachtete, fiel mir auf, dass im Winterkleid doch nicht alles so dekorativ wirkte, besonders dann nicht, wenn keine Schneeschicht oder Raureif für zusätzliche Verzierung sorgt. Denn wir hatten wieder einmal grüne Weihnachten. Und ich sehnte mich sofort wieder an die üppige und formenreiche Blüte der Wiesenknöpfe.

Innerhalb der Wiesenknöpfe hatte sich gerade in den letzter Zeit enorm viel getan. Denke mal kaum zehn Jahre zurück, als du in den Katalogen der Staudengärtner höchstens zwei, drei Arten finden konntest! Und dies waren ausgesprochene Stiefkinder, mit denen im Garten niemand etwas anzufangen wusste, außer bei einigen Freaks, denen die „heilsame Würckung“ des Wiesenknopfes bekannt war. Selbst in anderen Ländern wurde ihr Gartenwert erst erkannt, sobald die naturalistische Pflanzenverwendung ihren Anfang nahm, als Persicaria und etliche filigrane Präriestauden en vogue wurden und gebührende Akzeptanz fanden. Jedenfalls gehörtenSanguisorba damals zu den echten Ladenhütern und waren kaum gefragt, vielleicht auch deswegen, weil sie sich den meisten Kunden im Topf meist gakelig präsentierten und nicht proper genug aussahen.

Wir begannen schon vor Jahren alles zu sammeln, was wir habhaft wurden, es war der Reiz des Neuen und wieder war es eine glückliche Fügung, dass wir damit offenbar richtig lagen. Eine Handvoll Wildarten bekamen wir über Botanische Gärten, einige Sorten entstanden in Großbritannien, die ich damals mitnahm. Die Gattung der Wiesenknöpfe (Sanguisorba) kommt auf der gesamten Nördlichen Hemisphäre vor. Ob in den Wäldern und Wiesen Kanadas oder in Ostsibirien, wir finden sie auch bei uns. Und einen Vertreter lernte ich am nahezu südlichsten Punkt Europas kennen, nämlich in den tiefen Schluchten Kretas.

Inzwischen gehören Wiesenknöpfe zum fixen Bestandteil moderner Staudenverwendung, sie sorgen für lockere Beschwingtheit in jedem Staudenbeet. Ob einzeln gepflanzt, ob in kleineren Gruppen in Verbindung mit Taglilien oder Rittersporn, das bleibt dem Geschmack des Gärtners überlassen. Festzuhalten bleibt auch, dass Wiesenknöpfe ganz allgemein eine weit gestreckte Blütezeit besitzen, die sich durch die ganzen Sommermonate hindurch zieht. Durch die Hybridisierung mehrerer Arten untereinander entstanden einige auffällige Sorten und Farben, die sich gegenseitig ergänzen und zur Bereicherung eines Beetes beitragen. Faszinierend sind stets ihre flaschenbürstenähnlichen Blütenformen, die sich entweder straff kerzenförmig präsentieren oder vielfach in hängendem Zustand, ähnlich aufgefädelter Weißwürste beim Metzger!

Sanguisorba obtusa, eine Wildart aus Ostasien. Gut geeignet für Teichränder!

Sanguisorba tenuifolia var. parviflora, die niedere Ausgabe

Sanguisorba officinalis ‘Pink Elephant‘

Sanguisorba tenuifolia var. alba ‘Rosea‘ neben Helenium ‘El Dorado‘

Mit Sanguisorba officinalis ‘Tanna‘ kannst du beispielsweise kleinere Staudensituationen im Halbschatten auflockern. Diese Sorte wird kaum höher als 30 cm und stellt mit ihren dunkel blutroten Knöpfchen eine Zierde dar, die sich über viele Wochen hält. Oben im Bild siehst du Sanguisorba officinalis ‘Pink Elephant‘. Wie dir schon der Name verrät, wird sie wesentlich höher und blüht mit wolkenartigen Blütenständen, ist also ein gänzlich anderer Typ. Wenn wir diese Wiesenknöpfe für Gartentage herrichten, ist es immer eine halbe Katastrophe, diese an sich liebenswerten Stauden mit viel Liebe auszusuchen! Die Blütenstängel verkanten und verhaken sich dermaßen, dass es ein gutes Nervenkostüm bedarf, die Pflanzen unbeschadet zu präsentieren.

Immer schon begehrt war die sommerblühende Sanguisorba tenuifolia var. alba ‘Albiflora‘. Du kennst sicher diese stattliche Art oder hast sie ohnehin schon im Garten. Ein freier Standplatz garantiert dir kein Umknicken. Falls dir diese Staude mit ihren nahezu zwei Metern doch zu hoch wird, gibt es eine verkleinerte Variante: S. tenuifolia var. parviflora wird lediglich zierliche 120 cm hoch, sieht aber sonst nahezu identisch aus. Und auch eine rosa blühende Variante ist in Kultur, die allerdings wieder stattliche 170 cm hoch wird.

Wenn einige Sämlinge auftreten und ineinander wachsen, so kann dies recht verspielt wirken!

Und hier siehst du meine ‘Scapino‘

Ebenfalls besonders hoch wird die weiße ‘Korean Snow‘, bemerkenswert auch dadurch, dass sie mit ihrer Blütezeit Ende September die späteste Blüte aller Wiesenknöpfe besitzt. Neben einigen anderen Sorten haben wir die weißblühende ‘Figaro‘ ausgelesen, die die längsten Ähren bildet und ebenfalls erst im August erblüht. Auch ‘Scapino‘ mit den langen, dunkelroten „Würstchen“ stammt von uns. Wenn du dich intensiver mit den Wiesenknöpfen beschäftigen möchtest, dann kannst du meinen Artikel in der Gartenpraxis 11/2009 Revue passieren lassen. Und wir sind dabei, einige ganz niedrige, reichblühende Typen mit hängenden Blüten in Rosa und Rot zu selektieren. Nicht, weil diese in Zukunft ihre viel gepriesene CC-Rollcontainertauglichkeit unter Beweis gestellt hätten, sondern durch ihre Kompaktheit eröffnet sich eine wesentlich größere Verwendungsmöglichkeit. Aus Holland und England kommen ebenfalls einige Neuheiten, die wir hier noch nicht kennen und die wir erproben möchten.

Zwei der robustesten Stauden entstammen wieder einmal dem Mittelmeerraum. Das Bild des Stechenden Bärenklau (Acanthus spinosus) wurde noch vor unserer alten Terrasse aufgenommen. Dort stand dieser über fünfzehn Jahre, wurde mit den Jahren immer üppiger und schöner und nahm mit der Zeit alles in Beschlag. Es sollte allerdings ein warmer Standort mit durchlässigem Boden sein, nur dann blühen die meisten Acanthus-Arten und Sorten zufriedenstellend. Die meisten, kultivierten Stechenden Bärenklau sind leider mit A. hungaricus hybridisiert, man erkennt dies unschwer an den weniger stechenden Blättern und den kürzeren Blütenständen. Die reine, echte Art nahm ich in den 90er-Jahren von Dr. Hans Simon mit. Seither vagabundierte dieser durch unsere Terrassenböschung und erfreute jeden sommerlichen Besucher mit seiner reichen Blüte, bis letztes Jahr der Bagger kam und alles niedermachte. In meinem Büro steht eine Bodenvase mit getrockneten, bizarren Allium schubertii und Acanthus-Stängeln. Sie sehen zwar stets dekorativ aus, vergilben und verstauben aber leider zusehends.

Der Immergrüne Salomonsiegel ist anspruchslos und etabliert sich trotz der Schnecken!

Dies ist der reichblühende, echte Acanthus spinosus

Kreta erwähnte ich vorher kurz. In den bergigen Regionen wächst dort Sideritis syriaca, neben Origanum dictamnus einer der beiden Bergteearten. Wenn du, so wie ich gelegentlich mit Sodbrennen geplagt bist, dann gibt es kaum ein besseres Heilmittel als diesen Kretischen Bergtee, möglichst ein Gemisch aus diesen beiden getrockneten Kräutern. Aber auch sonst ist Sideritis syriaca eine willkommene Staude für die trockene Seite deines Gartens, entweder gleich zwischen deinen Freilandkakteen oder im Kiesgarten entlang des Hauses, vollkommen winterhart und nur gegen ein Zuviel an Nässe empfindlich.

Sehr auffällige Winterstrukturen bildet Disporopsis pernyi im halbschattigen Garten, wenn gerade kein Schnee liegt. Dieser wintergrüne, chinesische Salomonsiegel wächst mit den Jahren zu dichten, reichblühenden Horsten. Seinen Blüten sieht man die Maiglöckchenverwandtschaft sofort an. Du kannst die alten Triebe dann bodeneben abschneiden, sobald die frischen aus der Erde brechen. Wir kultivieren auch noch Disporopsis fuscopicta, welche zu ganz kompakte Horsten wächst. Beide sind nur Liebhabern bekannt, dabei hätten sie eine weite Verbreitung verdient!

Und noch eine Staude möchte ich dir auf keinen Fall vorenthalten, die du dir unbedingt zulegen solltest, falls du den richtigen Platz im Garten dafür hast. Das Goldkörbchen (Chrysogonum virginianum) ist eine Schattenstaude, die ihre Qualitäten erst mit den Jahren unter Beweis stellt. Sie ist nicht nur trockenheitsresistent, sondern bildet rasch größere Horste und stellt einen fantastischen Bodendecker dar, der noch dazu in deinem Garten von Mai bis September durchblüht. In der Heimat Nordamerika wurden einige Auslesen getätigt, welche unterschiedlich hoch sind. Wir kultivieren die ganz flach wachsende Sorte ‘Andre Viette‘, mit goldgelben Blüten und dunkelgrünen Blättern. Man kann diesen Dauerblüher gar nicht genug loben und ich ärgere mich, dass ich ihn dir nicht schon früher vorgestellt habe! Es soll Landschaftsgärtner geben, die ohne das Goldkörbchen keinen Garten bepflanzen.

Sideritis syriaca, ein treuer Begleiter seit vielen Jahren.

Chrysogonum virginianum ‘Andre Viette‘

Zu guter Letzt noch ein stimmungsvolle Nachmittagsaufnahme aus unserem Schaugarten, vom imposanten, mückenumschwärmten Riesenknöterich, dessen Blütenrispen an manchen Tagen so ähnlich stinken wie ein schlecht gepflegter Schweinestall! Davor steht in einem Inselbeet der höchste Hohe Ehrenpreis von Ernst Pagels. Er trägt den nicht ganz zutreffenden Namen ‘Lavendelturm‘, denn solch blassen Lavendel würde hierzulande wohl niemand kaufen. Ansonsten aber ist dies eine herrliche Solitärstaude, die allein schon durch ihre standfeste Dominanz angenehm auffällt und die ich deswegen niemals mehr missen möchte. Vom Hohen Ehrenpreis kannst du aus mehreren Sorten auswählen, die sich alle hinsichtlich ihrer Farben gut unterscheiden lassen. Hier in dieser Ecke des Schaugartens laufen diese Hochstauden zur Höchstform auf und erreichen fast schon barocke Üppigkeit.

Was gibt es noch Neues zu berichten? Ich bin im Januar und Februar zwischendurch auf Vortragsreisen in Grünberg, im Fränkischen und in Westfalen. Der Terminkalender unter www.sarastro-stauden.com wurde inzwischen auf Vordermann gebracht. Es kann sein, dass sich bezüglich der Gartentage noch der eine oder andere Termin ändert, aber im Großen und Ganzen steht der Fahrplan fest.

Und in der noch verbleibenden Winterzeit werde ich mich einem Buchprojekt zuwenden. Mehr möchte ich dir noch gar nicht verraten, aber nur so viel, als dass es etwas gänzlich Neues sein wird. Bei passender Gelegenheit stelle ich dir dieses Buch selbstverständlich hier vor.

Somit bleibt mir nur noch übrig, dir Gesundheit und viel Glück im Neuen Jahr zu wünschen!

Herzlichst

Dein Sarastro

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