Newsletter IX/2018 (PPA USA, ISU Polen)

Liebe Pamina, hallo Papageno!

“Das war ein super Sommer...”, so fing einmal ein Schlager in den 70ern an. Mich über das extrem niederschlagsarme Wetter auszulassen, spar ich mir dieses Mal, obgleich es mich nicht unberührt lässt. Allein die Regner bewässerten die Topfkulturen stundenlang, jeden Tag, Monat für Monat. Wo das viele Wasser herstammt? Aus einem 70 m tiefen Brunnen. Sorgen über zu wenig Wasser brauchen wir uns zumindest keine machen. Unsere Schauanlagen sehen im Gegensatz zu früheren Jahren himmeltraurig aus, denn diese ausgiebig zu wässern geht mir gegen den Strich. Außerdem kommt man immer wieder ins Staunen, wenn man erlebt, wie schnell sich die Natur wieder erholt. Wir sind über den Sommer hinweg durch ein paar wenige Gewittergüsse vor größeren Trockenschäden verschont geblieben, da sieht es in anderen Gegenden Europas viel trauriger aus, beispielsweise in England, Schweden, im Frankfurter Raum oder in Teilen Nord- und Ostdeutschlands. Aber während ich dir diese Zeilen schreibe, geht gerade ein kräftiger, erlösender Gewitterregen nieder!

Ich erzählte dir das letzte Mal, dass ich zum Symposium der PPA (Plant Perennial Association) nach Raleigh/North Carolina in die USA eingeladen wurde, um dort zwei Vorträge zu halten und um endlich meine Tochter und ihren Mann zu besuchen. Kurz gesagt, es war eine tolle Veranstaltung mit vielen Highlights, sowie bestens vorbereitet und organisiert. Sie zog sich über eine ganze Woche hin, an die 400 Teilnehmer kamen aus vielen Bundesstaaten der USA, es waren Inhaber von Staudengärtnereien, aber auch Planer, Gartenarchitekten, Lehrer, Professoren und einige passionierte Liebhaber. Parallel zu Vorträgen und Roundtable-Diskussionen mit Pflanzenexperten waren auch Stände von Jungpflanzenfirmen und Gartenbau-Zubehör vertreten.  Es wurden Bustouren zu nahegelegenen Naturschutzgebieten, Botanischen Gärten, Gartencenter und Staudengärtnereien unternommen. Alles war ein wenig anders als bei uns – die Naturschutzgebiete weitläufiger, teilweise parkähnlich und die Botanischen Gärten präsentierten sich nicht allein wissenschaftlicher Natur oder etwa „museal“, sondern sehen sich als eine Art öffentlich zugänglicher Weiterbildungsort mit Kinderprogramm und Bibliothek, meist mit einem Restaurant, alles in einem vorbildlichen Pflegezustand. Positiv überrascht war ich auch von einem Gartencenter, welches seine Pflanzen standortgerecht präsentierte, beispielsweise unter hohen Bäumen in schattigem Umfeld. Und überall Platz ohne Ende, da frisst einen der Neid! Bis auf einen holländischen, einen Engländer und zwei deutsche Kollegen waren ausschließlich amerikanische und kanadische Teilnehmer anzutreffen.

Ganz gespannt war ich natürlich auf „Hoffman Nursery“ mit ihrem Werbeslogan „We Grow Good Grass“, in der Katharina seit Herbst letzten Jahres als Garden Coordinator und seit drei Wochen als Production Manager (Titel also nicht nur in Österreich!) zusammen mit einem anderen Angestellten die Leitung der Produktion übernahm und etwa 40 Mitarbeiter unter sich hat.

Ein Gewächshaus voller Gräser, eines von vielen – bei Hoffman Nurseries

Im weitläufigen Schaugarten sah man auch verflossene Oldies

Diese riesige Gärtnerei, welche rund 5 Millionen Gräser im Jahr in einer hervorragenden Qualität in etwa 120 Arten und Sorten produziert, liefert in fast alle Bundesstaaten der USA aus, hauptsächlich für Großprojekte im Öffentlichen Grün, denn Gräser waren in den Staaten schon immer ein großes Thema. Und dann besuchten wir natürlich auch Tony Avent und seine Gärtnerei „Plant Delight“ mit dem angeschlossenen Juniper Level Botanical Garden. Zu finden sind dort etwa 22.000 (!) verschiedene Stauden und Gehölze, mit Schwerpunkt Schattengarten, aber auch Beetstauden, Agaven, Aronstabgewächsen und vielen anderen Highlights. Die Gärtnerei besitzt hingegen ein überschaubares Sortiment, aber ausgestattet mit großen Raritäten, der Gewinn fließt ausschließlich in Neuanschaffungen für den privaten Botanischen Garten.

Ein Verkaufsgewächshaus bei Plant Delights

Blick in den Juniper Level Botanical Garden von Tony Avent

Die Staudensortimente in den Vereinigten Staaten von Amerika sind sehr Gräser dominierend, man sieht sie auch allen Ortes im Öffentlichen Grün. Etliche sehr gute Selektionen kommen von dort, viele für den Garten noch ganz neue Arten werden großflächig ausprobiert. Im Weiteren ist man sehr bemüht, immer mehr an „Native Plants“ in die Gärten einzuführen, wenngleich Stauden wie Hosta, Liriope, Hemerocallis und Paeonia drüben nach wie vor das Sagen haben, im Absatz sind sie jedoch rückläufig. Es existieren darüber hinaus äußerst aktive und sehr rührige Vereinigungen und Gesellschaften, welche sich mit Alpinen oder Sukkulenten, Orchideen und anderen Pflanzengruppen beschäftigen, ein Pflanzenfreak findet in den USA daher sehr leicht Gleichgesinnte. Überhaupt habe ich einen für mich sehr wichtigen und positiven Eindruck mitbekommen: man begegnet dort seinem Mitmenschen stets mit Höflichkeit, Respekt und immer auf Augenhöhe, die Leute sind extrem freundlich und zuvorkommend – anscheinend bis auf einen!

Die Zuhörer staunten nicht schlecht, als sie in meiner Präsentation die Bilder russischer Phloxsorten sahen! Die meisten hatten noch niemals davon gehört, dass in Europa aus einer klassischen, nordamerikanischen Wildstaude des Straßenrandes züchterisch derartig fantastische Sorten hervorgebracht wurden. Jedenfalls zeigten sie als echte Staudenliebhaber volle Begeisterung. Auch im meinem zweiten Vortrag über die Flora des Irans war der Saal mehr als voll. Immer wieder machte ich die Zuhörer auf den Sinn und Zweck solcher Exkursionen aufmerksam,  nicht nur, weil man eine fremde Kultur, sowie ihre Natur- und Pflanzenwelt erleben darf! Der Hauptgrund liegt darin, dass man erkennt, wo und in welchem Umfeld eine bekannte oder auch unbekannte Staude wächst, um Rückschlüsse auf deren Gartenkultur zu ziehen.

Wunderhübsche Darstellung von Tillandsien und anderen tropischen Pflanzen in einem Botanischen Garten.

Nach meinem Exkurs über den großen Teich war eine Woche Arbeit in unserer Staudengärtnerei angesagt, dann aber ging es schon wieder beruflich auf Reisen, diesmal für 4 Tage nach Polen zur Mitgliederversammlung der I.S.U. (Internationale Staudenunion). Dort organisierten die heimischen Staudengärtner ein paar wundervolle Tage, wo wir Wroclaw (Breslau) und seinen sehenswerten Botanischen Garten kennenlernten, sowie einige sehenswerte Privatgärten und Staudengärtnereien. Letztere waren durchaus gut sortiert und hatten eine meist hervorragende Qualität aufzuweisen, obgleich ich finde, dass sie etwas zu sehr dem Heuchera-Hosta-Hemerocallis-Gräser-Trend hinterherrennen. Aber diesen Hype hatten wir im deutschsprachigen Raum ja schon vor Jahren. Auch in Polen versucht man im Öffentlichen Grün das Thema Gräser unter die Leute zu bringen,  wesentlich erfolgreicher als es in Österreich bisher je der Fall ist, leider!

Und ich erlebte zwei der größten Pflanzenfabriken, die ich je sah! Genauere Zahlen hierzu spar ich mir, denn sonst wirst du glauben, dass bald ganz Europa mit deren Produkten zugeschüttet wird. Es ist wirklich kaum vorstellbar, wo solche Mengen an Baumschulwaren und Jungpflanzen hingehen, man muss auch als kleiner, spezialisierter Betrieb der Realität ins Gesicht sehen, deswegen werden solche Betriebe besichtigt. Auch wenn diese Gärtnereien betriebswirtschaftlich sicherlich hervorragend auf die Beine gestellt wurden, fühle ich mich auf meiner  eher kleinen Fläche von einem Hektar viel wohler. Die Brötchen sind zwar auch kleiner, aber sicher vielseitiger und schmecken abwechslungsreicher! Dank geht an Herrn Michalik und sein Team, welche die Tour bestens organisierten, es herrschte unter den 60 Teilnehmern eine großartige Stimmung!

Der Botanische Garten von Breslau, inmitten der Altstadt gelegen!

In Polen durfte ich als früherer Sichtungsdelegierter auch dieses Mal Österreich vertreten und die 120 eingesandten Staudenneuheiten begutachten und bewerten. Zehn Gräser- und Staudenneuheiten bekamen einen I.S.U.-Award, ohne eine engere, detaillierte Platzbewertung. Eine Menge an Neuheiten sandte Jan Spruyt aus Belgien ein, der gleich 5 Awards abräumte!

Du siehst mich am 1. und 2. September wieder in Berlin auf dem Staudenmarkt, ganz wie gewohnt bei den großen Gewächshäusern an unserem angestammten Platz. Ich bringe diesmal sehr viel Phloxe, aber auch deine bereits im Vorfeld getätigten Vorbestellungen mit, ansonsten verlasse dich am besten auf mein Gefühl. Es ist nicht immer leicht, für dich das Richtige zu treffen, jedoch bin ich bisher mit meinem Bauchgefühl selten schlecht gefahren.

Am Samstag, den 22. September bin ich bei meinem alten Freund Ewald Hügin in Freiburg, Zähringer Straße 281, zu seinem 30-jährigen Betriebsjubiläum mit einem Stand vertreten. Auch Hans Kramers „De Hessenhof“ und einige weitere Kollegen  sind mit von der Partie, es wird sich also für dich in jedem Falles lohnen, den weiten Weg dorthin zu fahren. Da nicht wenige von deinen und auch meinen Freunden rund um Freiburg in Baden Württemberg, der Schweiz  und in Frankreich wohnen, würde ich mich sehr freuen, wenn wir uns wiedersehen! Schließlich habe ich darüber hinaus einen inneren Bezug zum Badischen, es war meine Heimat, in der ich aufgewachsen bin, bevor mich das Fernweh packte.

Mit welchen Pflanzen ich zu Ewald komme, das kann ich dir derzeit noch nicht verraten, zu sehr sind wir vom Wetter abhängig. Gerne nehme ich dir aber auch zu dieser Veranstaltung deine Bestellung mit. Aber nicht vergessen! Falls ich eine Bestellung für dich wirklich mitnehmen soll, bitte nicht erst einen Tag vor der Veranstaltung bestellen, denn dann ist es bereits zu spät! Am einfachsten ist es für uns, wenn deine Wünsche spätestens 5 Tage vor dem jeweiligen Event bei uns per Mail/Post oder am liebsten über den Webshop erreichen.

Das war wahrhaftig ein super Sommer, mit sehr vielen durchwegs positiven Eindrücken von Pflanzen, Ländern und Leuten, in sehr kurzer Zeit! Das ist nicht selbstverständlich und dafür bin ich dankbar.

Hoffentlich demnächst sehr ergiebige Regengüsse wünscht dir

Dein Staudengärtner Sarastro

Viele Grüße/ Best regards/ С уважением

Christian H. Kreß und Mitarbeiter

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