Newsletter IX/2023 (Berkheya, Unkrautbekämpfung)

Liebe Pamina, hallo Papageno!
Mir vergeht die Zeit schon wieder viel zu schnell! Eine kurze Woche Urlaub in der Steiermark und in Westungarn hatten wir uns gegönnt, danach hatte mich der Alltag wieder gefangen, Vermehrung, Quartiere säubern und Topfen war angesagt. Momentan beherrschen bei uns zwei Kulturen den Alltag, nämlich unser Phloxsortiment, mit dem einige MitarbeiterInnen beschäftigt sind und die Buschwindröschen, welche ich mir seit vielen Jahren alleine vorknöpfe. Dafür brauche ich rund 8 Tage, bis alle 160 Sorten vermehrt und getopft sind. Jeder hat so seine Lieblinge, das Wörtchen Vernunft verdränge ich hierbei geflissentlich in den Hintergrund!

Während du diesen herbstlichen Rundbrief liest, stehe ich in einem Klassenzimmer vor einer 45-köpfigen Gruppe von Meisterkandidaten aus ganz Österreich, die von mir etwas über die Geheimnisse der Staudenverwendung und der Produktion von Stauden hören möchten. Es ist keine leichte Aufgabe, dies in nur vier vollen Tagen halbwegs transparent und übersichtlich den Leuten rüberzubringen, zudem dies ein Wahlmodul ist. Diese große Gruppe besteht aus Zierpflanzengärtnern, aus Stadtgärtnern des öffentlichen Grüns, es sitzen Pflegegärtner bis hin zu Gartengestalter vor mir, die alle etwas über Stauden hören möchten. Also, wie sag ich es meinem Kinde? Zum Lehrer bin ich nie geboren worden, diesen Idealismus und die dazu erforderliche Geduld hätte ich niemals aufgebracht! Ausbildung liegt mir zwar am Herzen, aber eben nicht bei Lehrlingen, da diese nicht in unseren spezialisierten Betrieb passen. Meisteranwärter wissen zum Glück meist, wie es im Leben weitergeht. Und gerne gebe ich ihnen meinen Beitrag, doch solche Kurse mitten im Sommer abzuhalten sind mir eigentlich zuwider, da ich mit meinen Gedanken voll und ganz der Gärtnerei nachhänge. Leider war dies organisatorisch von Seiten der Schule aber nicht anders möglich, aber was tut man nicht alles für den Berufsstand, wenn sich so viele Interessenten unter den Meistern anmelden! Und zum Glück halte ich diese Art von Kurs nicht zum ersten Mal, sondern seit 25 Jahren immer wieder, auch in anderen Bundesländern.

Und daher konnte ich leider auch nicht beim internationalen Symposium „Dynamic Vision“ in Mannheim dabei sein, du hast sicher schon von diesem Treffen gehört. Es tat mir einerseits leid, denn man trifft auf so einer Großveranstaltung viele Gleichgesinnte und vor allem langjährige Freunde und Bekannte. „Gesehen werden“ ist sicher für manche Zeitgenossen auch keine unwichtige Begleiterscheinung, doch der Erfahrungsaustausch kommt dabei auch nicht zu kurz.

Was mich allerdings zunehmend stört, dass Staudenverwendung für manche Pflanzplaner zunehmend auf naturalistische Pflanzungen, auf dynamische Prozesse heruntergebrochen wird, momentan vielleicht eine Art Trend (oder Notwendigkeit?), alles auf Kostenminimierung getrimmt. Warum kämpfen wir überhaupt nicht viel mehr für sinnvolle Staudenverwendung ganz allgemein, die die Menschen ansprechen, für unterschiedliche Vorgehensweisen, immer auf die jeweilige Örtlichkeit bezogen! Ich sehe die Verwendung der Stauden im Öffentlichen Grün als  d i e  notwendige „Dynamik“ schlechthin, als eine wichtige Möglichkeit, den Mitmenschen Garten und Stauden schmackhaft zu machen, auf die vielfältigste Art und Weise. Und Hand aufs Herz, es gibt so viele gute Beispiele, wo viel Geld locker gemacht wurde, wo begeisterte Gärtner sich „austoben“ konnten. In Ländern wie Litauen, Schweden, Polen, Tschechien und der USA zum Beispiel, die sich Stauden für Ästhetik und Gartenkultur etwas kosten lassen! Wie soll es zu einer Wertschätzung der Staudenverwendung und damit einem Teil der Gartenkultur kommen, wenn plötzlich alles auf extensive Pflanzenverwendung pocht. Pflegeminimierung ist ein wichtiger Teil des Ganzen, aber längst nicht alles.

Wenn ich mich in Österreich umschaue, hat sich in Sachen Staudenverwendung vieles zum Positiven verändert. Trotzdem scheint allenorts noch gewaltiger Nachholbedarf zu herrschen, vergleicht man sich mit einigen anderen Nationen. Ich verschweige hierbei nicht, dass wir hierin in einigen Regionen anscheinend noch in den 70er-Jahren steckengeblieben sind und hier nicht allzu viel zu einer Verbesserung beigetragen wird, nämlich mutige Zukunftsvisionen in der Staudenverwendung aufzuzeigen. Wenn ich seit 25 Jahren höre, „Stauden san jo eh im Trend“ und kaum etwas sehe, dann frage ich mich schon, ob wir uns auf den goldenen K. u K.- Zeiten oder dem florierenden Tourismus ausruhen. Denn damals waren die Sammlungen der Reservegärten beispielgebend und ebenbürtig mit Kew und anderen großen Botanischen Gärten. Und wenn ich mir ganz nebenbei den derzeitigen Pflegezustand des renommierten, ältesten Alpengarten Europas im Belvedere in Wien betrachte, kommen mir die Tränen!

Noch einmal nehme ich dich mit nach Südafrika, in die so beeindruckenden Drakensberge und die angrenzende East Cape Province und deren höheren Regionen. Mich zieht es förmlich schon wieder hin, denn ich habe neben vielen Pflanzenerlebnissen besonders diese wundervollen Disteln (Berkheya) in Erinnerung, welche dort in rauen Mengen entweder bestandsbildend oder verstreut überall an den Berghängen wuchsen. Ich möchte dir in lockerer Folge einige dieser wundervollen Arten in der Natur und danach Aufnahmen aus der Gartenkultur zeigen. Ich schrieb dir schon im Frühjahr, dass diese in wechselfeuchten Böden stehen, teilweise an Gebirgsbächen, aber auch auf freiem Feld oder in Wiesensituationen.

In der mitteleuropäischen Gartenkultur lieben es Berkheya eher trocken, aber nicht zu trocken, sondern in lockerem, mineralischem Boden, also durchlässig und eher sandiger Natur, aber kann ruhig Lehm beinhalten. Sie blühen immer wieder nach und bilden mit der Zeit dicke Horste, welche einen kolossalen Blickfang in deinem Sandbeet darstellen.

Besonders schön und vollkommen unkompliziert ist Berkheya purpurea, die du hier an einem Feldweg mitten im Gebirge der East Cape Province in voller Pracht bewundern kannst. Überhaupt ist das Gebiet um den rund 2.900 m hohen Naude’s-Nek-Pass eines der artenreichsten, welches ich auf der Reise zu Gesicht bekam, zumindest das, was für unser Klima vergleichbar ist. Berkheyas gedeihen dort ab etwa 2.500 m Seehöhe, sie sind also für unsere mitteleuropäischen Verhältnisse gut brauchbar. Die Fahrt war abenteuerlich genug, ich schrieb dir bereits davon!

Berkheya purpurea sahen wir an Straßenrändern, aber auch auf Wiesen und an Bachläufen. Sie ist auch in Gartenkultur die bekannteste Art, sofern man überhaupt von Bekanntheit sprechen kann! Natürlich stechen sie, wie die meisten Disteln, jedoch machen sie es durch ihre bizarre Dominanz locker wett.

Die Blütengröße der weißblühenden Berkheya cirsiifolia am Naturstandort schwankt enorm, auch der Standort kann sehr unterschiedlich ausfallen. Ich finde besonders ihr stacheliges Blattkleid sehr dekorativ, auch im nicht blühenden Zustand!

Besonders aber beeindruckten mich die gelbblühenden Berkheya multijuga, die an manchen Lokalitäten ganze Berghänge besiedelten und überall in Vollblüte standen. Ich war restlos begeistert, als ich diese an einem höhergelegenen Wasserfall entdeckte!

Hier eine mir unbekannte Art mit kleineren Blüten, welche aber durchaus nicht unattraktiv war. Berkheya montana besitzt kontrastreiche, silbriggraue Laubblätter und wächst in größeren Horsten.

Und hier nun im Bild Berkheya purpurea in unserem Schaugarten, wo sie seit Jahren im vorderen Eingangsbereich steht, aber auch in unserem neu gestalteten Sandsteppengarten.

Eine weitere Art, die ich in Südafrika leider nicht am Naturstandort zu Gesicht bekam, war Berkheya radula. Sie erwies sich jedoch in Gartenkultur als absolut unproblematisch. Ihre gelblichen Blüten befinden sich an hohen Stängeln und erscheinen über einen längeren Zeitraum.

Falls du ein entsprechendes Beet zur Verfügung hast, es stehen alle vier Berkheya in bester Qualität wieder zur Verfügung! Versuche es, du wirst es nicht bereuen!

Dieses Jahr versprechen die Astern besonders schön zu werden, ebenfalls unsere Herbstchrysanthemen. Es lohnt sich also, einmal zur Blütezeit vorbeizuschauen. Der beste Zeitpunkt befindet sich zwischen Ende September und etwa Mitte Oktober, für Chrysanthemen auch noch im November. Wieder haben wir einige Neuheiten aufgenommen, aber auch alte und historische Sorten besitzen enorm viel Charme, wir möchten diese nicht missen! In diesem Zusammenhang möchte ich dich auf unsere Astern – und Gräserwoche hinweisen, wie sie auch in unserem Veranstaltungsprogramm steht. Gräser und Astern?  Traumhafte Kombinationen siehst du in unserem neuen Schaugarten, ich bin sehr gespannt, wie sie sich in diesem Jahr präsentieren.

Mir macht zur Zeit der diesjährige Unkrautdruck berechtigte Sorgen, da die Feuchtigkeit der letzten Wochen dazu beitrug, dass diverse lästige Einjährige sich allenorts breitmachen. Leider tragen auch die angrenzenden Wiesen und Raine dazu bei, dass sich Unkräuter durch den Wind verbreiten. Wir sind zwar ziemlich dahinter, die Gärtnerei wieder halbwegs sauber zu bekommen, aber dieses Jahr werden wir schon sehr gefordert! Nur durch konsequentes, morgendliches Ausrücken meiner fleißigen MitarbeiterInnen verhindert größere Einwirkungen. Ich spritze übrigens auf den Freiflächen, Gängen und in den Mutterpflanzenquartieren mit verdünnter Essigessenz, was eine kolossale Wirkung mit sich bringt. Einjähriges Unkraut wie Melde, Milchdistel, Hühnerdarm und anderes geht sehr schnell ein. Zwar bin ich früher deswegen schon einmal angefeindet worden, denn Essigessenz sei nur für die Küche gedacht und nicht gegen Unkraut, dafür gäbe es gefälligst chemisch zugelassene Spritzmittel, wurde mir belehrend und vorauseilend gesetzestreu erklärt. Ich sag dir, manchmal versteht man seine Welt nicht mehr, denn viele biologisch wirtschaftende Gärtnereien verwenden nach wie vor Essigessenz, was allemal sinnvoller ist als jegliche chemische Keule.

Im September beginnt bekanntlich der zweite Frühling, was bedeutet, dass wieder gepflanzt werden kann, ohne die Sorge, dass die Hitze des Sommers uns Schwierigkeiten bereitet. Der Boden besitzt wieder genügend Feuchtigkeit, sodass nach dem Angießen ein perfekter Bodenschluss vorhanden ist. Und eine Herbstpflanzung birgt noch weitere Vorteile, denn beispielsweise siehst du bei deinem Gustieren in unserer Staudengärtnerei die Stauden in kompletter Größe vor dir und kannst so wesentlich besser kombinieren. Wenn wir dir deine bestellten Stauden ab dem 11. September zusenden, müssen daher einige zwangsweise zurückgeschnitten werden, damit diese in das Paket passen. Dies tut der Qualität keinerlei Abbruch, ganz im Gegenteil, denn Anwachsen und bessere Bestockung erfolgt problemlos.

Nur zur Info, es steht auch auf unserer Homepage, wir versenden bis zum Eintritt von Dauerfrost. Im Herbst sind die allermeisten Stauden wieder in ausreichender Stückzahl verfügbar, doch Seltenheiten bleiben immer limitiert, sonst wären sie bekanntlich nicht rar!

In diesem Sinne wünsche ich dir einen sonnigen Herbstanfang!

Dein Staudengärtner Sarastro

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