Newsletter X/2023 (Irland)

Liebe Pamina, hallo Papageno!
Der Herbst hat Einzug gehalten, mit ihm mal Schauer und mal sonniges Wetter. Hier ist es momentan auffällig mild und dies schon für einige Wochen. Trotzdem blühen unsere Astern, dass es eine wahre Wonne ist! Normalerweise zieht meist eine Art Septemberkälte ins Land, teilweise durchaus schon mit ersten Morgenfrösten, aber davon sind wir derzeit weit entfernt.

Der Grund, warum ich dir den Rundbrief erst jetzt schicke, war wieder einmal das Fernweh! Wir gönnten uns eine Reise durch den Westen und Norden Irlands. Wieder einmal viel zu kurz, aber mit einem Leihwagen lassen sich die Fahrtstrecken immerhin schneller bewältigen, obgleich dort die Straßen teilweise ziemlich schmal sind und man nicht so schnell vom Fleck kommt. Die Grüne Insel, wie Irland auch genannt wird, war mir im Gegensatz zu England, Wales und Schottland noch vollkommen unbekannt, sozusagen ein weißer Fleck. Irland wird durch und durch vom Atlantik geprägt und zeichnet sich durch mildes und ausgeglichen temperiertes Wetter aus, wenngleich der Wind und die Regenschauer durchaus auch lästig sein können. Ich bin auf dieser Reise mehrfach durchnässt worden!

Vom Hörensagen und aus Büchern erfährt man schnell, dass Irland etwas vollkommen Eigenständiges ist und sich besonders deutlich abhebt, gerade von England. Dies fängt schon bei der Sprache an, denn Englisch ist in Irland zwar als Umgangssprache gebräuchlich, es wird jedoch das Irisch-Gälische von allen Seiten gefördert und auch an Infotafeln und Verkehrsschildern quasi als vorrangige, identitätsstiftende Sprache hochgehalten. Die Felder und Äcker sind durch jene so typischen Steinmauern begrenzt, die trutzigen Kirchen und Gehöfte strahlen einen eigenen Charakter aus. Ähnlich wie in England wurden auch hier die Laternenmasten mit Hanging Baskets versehen, liebevoll gepflegte Vorgärten säumen die Straßen. Neben Naturschönheiten aller Art hat Irland auch ziemlich viel an Kultur zu bieten, Steinkreise und Menhire aus dem Neolithikum, uralte Friedhöfe mit Keltenkreuzen und eindrucksvolle Kathedralen beeindrucken die Reisenden von auswärts.

Irland zeichnet sich wie kaum ein anderes Land durch seine ausgeprägte Pubkultur aus, das Nationalgetränk ist das Guiness-Bier, welches mir zwar ziemlich gut schmeckt, das ich aber für meinen Geschmack nicht als „Nahrungsmittel“ auswählen würde, da es doch wesentlich stärker ist als unsere Biere. Hört man dann nach einer Weile die fröhlich-melancholische, irische Folklore und stellte sich im Geiste die sturmumtosten Klippen der Westküste vor, so befindet man sich mental „fast“ schon inmitten der Grünen Insel!

Wälder finden wir kaum vor, höchstens Wirtschaftswald und einige kleinere Mischwaldpopulationen. Die ausgedehnten Wiesen und weiten Bergrücken werden von Rindern und Schafen beweidet, die Straßen sind gesäumt von Fuchsien (Fuchsia magellanica), welche teilweise bis zu drei Metern Höhe erreichen. Wie auch die Montbretien (Crocosmia) und einige andere bekannte Gartenpflanzen stammen Fuchsien aus anderen Kontinenten und entwickelten sich hier zu Neophyten, denen man heutzutage kaum mehr beikommt, denn so nett sie auch anzusehen sind, verdrängen sie die einheimische Flora. Das größte Problem bereitet der Natur jedoch Rhododendron ponticum, eine Rhododendronart der türkischen Schwarzmeerküste, welche hier in Irland sogar bessere Bedingungen als in seiner Heimat vorfindet und sich daher allenorts auf die übelste Art und Weise vermehrt.

Die Gartenkultur in Irland ist nicht so ausgeprägt wie in anderen Ländern, obgleich es durchaus eine Szene an Pflanzensammlern und Gartenliebhabern gibt, meist in den größeren Städten. Der Besuch eines mir bekannten Kollegen (Mount Venus Nursery) stand auf dem Programm. Er und seine Frau führen ein tolles Staudensortiment, mich frisst der Neid, wenn ich sehe, wie leicht sich dort die Staudengärtner mit Meconopsis, Ourisia und anderen Highlights tun. Der Botanische Garten Glasnevin in Dublin ist absolut sehenswert und kann jedem Pflanzenversessenen empfohlen werden, besonders das botanische Pflanzensystem empfand ich als vorbildlich. Besonders gut hat mir dort der Gräsergarten gefallen.

Aber auch so manche Staudenborder zeigten sich von ihrer besten Seite:

Hier das viktorianische Palmenhaus des Botanischen Gartens in Dublin.

Bei uns in der Gärtnerei wird immer noch fleißig vermehrt und getopft. Leider sind wir etwas im Rückstand, aber ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden, sämtliche Kulturen auf Vordermann zu bringen. Ist ja schließlich kein leichtes Unterfangen, denn unser Herbstversand läuft bereits auf vollen Touren.

Sehenswert sind im Moment unsere neuen Schaubeete, hier kannst du neuartige Kombinationen erleben, welche dich für zuhause vielleicht inspirieren werden. Die Herbstzeitlosen sind bereits verblüht, dafür schwelgen wir geradezu in Astern und Gräsern und auch nicht in Blüte stehende Stauden geben nach wie vor viel her.

Ich ertappe mich immer wieder bei meinen Fehlern! Die neuen Beete stehen nun etwas länger als ein Jahr, und so kann man ganz leicht Pflanzfehler ausmerzen, die jedem passieren und wenn er noch so routiniert ist. Ein toller Phlox steht absichtlich neben einer wunderbaren Sorte einer neuen Indianernessel. Phlox paniculata ‘Mister X‘ neben Monarda ‘Danish Dark‘, kann das denn? Beide bestechen durch ihre markante, purpurviolette Farbe, die in einer Einzelstellung wesentlich besser zum Tragen kommt. Ich hatte sie jedoch nebeneinander gepflanzt. So dominierte die Indianernessel mit ihren dunklen Stängeln und Hochblättern an den breiten Quirlen und mein schöner Phlox, den ich damals als frisch gebackene Neuheit von Elena geschenkt bekam, kam unmittelbar daneben total ins Hintertreffen. Obgleich er seine Blütenfarbe mehrfach wechselte, weshalb ich ihn das Chamaeleon unter den Phloxen nenne, aber auch das nutzte nichts. Hier hilft nur ein Spaten und ein neuer Platz kann schnell gefunden werden. Genau dieses Beispiel zeigt auf, dass ein Umpflanzen im Herbst dann viel Sinn macht, weil das meiste an Stauden sich entweder in Vollblüte befindet oder zumindest in Gestalt und Größe vor einem steht und noch genug Herbstzeit vorhanden ist, um optimal einzuwachsen. Als ein weiteres Beispiel einer Falschpflanzung entpuppte sich in einem ungewollten Nebeneinander zweier Gräser, so dass keines von beiden richtig zur Geltung kommt. Sporobolus wrightii liebe ich über alles, dieses Honigtaugras aus der Prärie ist bei uns noch weitestgehend unbekannt. Ich hatte es viel zu dicht neben Panicum virgatum ‘Heavy Metal‘ gepflanzt. Auch diese Situation werde ich wohl ändern müssen!

Und in einer Sache möchte ich dich auch aufklären. Unser Schaugarten soll nicht irgendwelche Visionen vorschweben oder den pflegeleichten Garten der Zukunft vermitteln, sondern in erster Linie möglichst einen wichtigen Teil unseres Sortimentes in außergewöhnlichen Kombinationan aufzeigen, lebendige, fröhliche Staudenflächen, die jahreszeitlich immer etwas zu bieten haben. Dies ist sinnstiftend für dich und für uns, auf der anderen Seite aber schwierig, kein allzu großes Sammelsurium in den Beeten entstehen zu lassen. Du und deine Staudenfreunde schätzen es ungemein, möglichst viele Stauden in ihrer vollen Lebensgröße als Beispiel vor sich zu sehen. Unser Sortiment ist aber inzwischen so breit, dass es für uns unmöglich erscheint, alles in den Schauflächen unterzubringen.

Der nächste Rundbrief an dich wird wieder so richtig pflanzenlastig ausfallen. Ich lasse mir dazu einiges einfallen. Denn unsere Stauden sind quasi die Urmaterie, ohne die jedem Garten das gewisse Etwas fehlt.

In diesem Sinne alles Gute, ich wünsche dir den sonnigsten Herbst, genieße ihn in vollen Zügen!

Dein Staudengärtner Sarastro

Christian H. Kreß, samt Mitarbeiter und der übergroßen Staudenfamilie!

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