Newsletter VIII/2021 Dynamische Lückenfüller)
Liebe Pamina, hallo Papageno!
Hoffentlich liegt dein Garten nicht in einer jener Hochwassergebiete, welche es so verheerend traf, jedenfalls täte es mir unendlich leid, wenn neben all den Sachschäden auch noch dein Garten zerstört wurde. Hier sind wir bis jetzt weitestgehend verschont geblieben, außer durch Starkregen, welcher sich zuletzt aber eher als harmlos erwies und keine zerstörenden Auswirkungen hatte.
Heute möchte ich dir etwas über einige Lückenfüller unter den Stauden erzählen. Auch in deinen eingewachsenen Staudenbeeten passiert es hier und da, dass die eine oder andere Staude „rückwärts“ wächst oder gänzlich abstirbt, sodass unschöne Löcher entstehen. Sicher hast du dies schon mehrfach auch in deinem eigenen Reich beobachten können. Belässt man diese Lücken, entsteht relativ schnell Wildwuchs durch nicht erwünschte „Beikräuter“, es sei denn, man kann zwischen Unkraut und guten Lückenfüllern unterscheiden, welche schon vorhanden sind, deren einziger Sinn und Zweck darin besteht, dass solche unschönen Lücken durch Selbstaussaat einiger „edlen“ Stauden besiedelt werden.
Einige möchte ich dir heute gerne vorstellen, die sich für die unterschiedlichsten Lebensbereiche sehr gut eignen und die als Initialpflanzen in leeren Stellen ihre Wirkung und ihr Können zeigen. Nennen wir sie ganz einfach die „Vagabunden des Staudenreiches“! Du sparst dir mit ihnen eine Menge an Jätarbeit!
Eine Paradestaude für Lücken im Staudenbeet ist die Geißraute (Galega x hartlandii). Hier genügt nur eine einziges Exemplar, denn durch seine Starkwüchsigkeit ist sie imstande, innerhalb kurzer Zeit anderthalb Quadratmeter Fläche zu bedecken. Neben dieser Eigenschaft blüht sie unentwegt und lässt sie einmal nach, dann hilft ein leichter Rückschnitt, um sie zu erneutem Blühen anzuregen. In Großbritannien sind einige Sorten ausgelesen worden, aber die Sämlingstypen sind mindestens genauso schön und reichblühend. Einmal etabliert, erfreut sie dich über viele Jahre, kann allerdings auch überhandnehmen, wenn du ihre Nachkommenschaft nicht in Schach hältst.
Zu meinen persönlichen Lieblingen zählt vor allem aber der dunkelblättrige Wiesenkerbel (Anthriscus sylvestris ‘Ravenswing‘), welcher in unserem Schaugarten seit vielen Jahren in einem langgezogenen Beet herumvagabundiert. Er dient geradezu als perfekter Lückenfüller, denn er ist zweijährig und sät sich selbst aus, ohne hierbei allzu lästig zu werden. Besonders attraktiv finde ich seine nahezu schwarzen, tief eingeschnittenen Blätter im zeitigen Frühling. Ab und zu finden sich bei der Nachkommenschaft auch grünblättrige Typen, die du leicht entfernen oder aber stehen lassen kannst. Die verzweigten Blütendolden vermitteln deinem Beet etwas Beschwingtes und Natürliches, was unserem Zeitgeist voll und ganz entspricht und besonders neben großblütigen Stauden hervorragend zur Geltung kommt.
Zu den Vagabunden zählen insbesondere auch die Akeleien, ihre Eigenschaft einer Lückenfüllerin wird kaum erkannt, sie sind einfach da und werden von uns seit jeher geschätzt, sie gehören mit Recht zu den beliebtesten Gartenstauden! Du kannst nach der Samenreife ihre Samen gezielt zwischen deine Stauden ausstreuen, wo genug Platz vorhanden ist. Den Samen mit einem kleinen Rechen leicht einharken, fertig! Hier bei uns hat sich besonders ‘Norah Barlow‘ über die Jahre sehr gut etabliert, ihre tief gefüllten Blüten sind zauberhaft und vermitteln uns ein wenig Biedermeierzeit im Garten. Aber auch alle anderen Sorten von Aquilegia vulgaris eignen sich hervorragend für diesen Zweck. Die langspornigen Akeleien mit ihren Gelbtönen sind dagegen gewöhnungsbedürftig, hier bedarf es viel Gefühl ob einer gelungenen Kombination mit anderen Stauden. Im Steingarten kannst du es auf diese Weise mit Zwergakeleien versuchen, sie sind allerdings längst nicht so vermehrungsfreudig. Was aber alle Akeleien gemeinsam haben, ist ihre unbändige Neigung zur Kreuzung untereinander, so dass man mit der Zeit ein herrliches Farbengemisch im Garten sein Eigen nennt, es sei denn, man erhält nur solche, welche man auch weiterhin im Garten haben möchte. Ach übrigens, falls dir irgendwo mal eine Akelei mit dem Namen Aquilegia alpina unterkommt, dann sei bitte skeptisch, weil dies zu 99 % Hybriden mit A. vulgaris sind. Diese Typen sind sehr vermehrungsfreudig und großblumig, haben aber mit der echten Alpenakelei nicht das Geringste gemein. Diese ist nämlich höchst selten und wird kaum angeboten, da sie in ihrer Anzucht eher schwierig ist.
Das waren nur ein paar Lückenfüller, welche sich für dein Prachtstaudenbeet eignen. Ich denke aber auch an die zweijährige Rudbeckia triloba, welche sich in unserem Insektengarten breit macht, oder an die ausdauernde Becherpflanze (Silphium perfoliatum), falls du viel Platz hast.
Auch für trockene Freiflächen stehen uns etliche Stauden zur Verfügung, welche sich am richtigen Standort dauerhaft etablieren oder sich dort einfügen, wo Platz vorherrscht. Insbesondere fällt mir die Färberkamille (Anthemis tinctoria) ein, von der wir einige ausgesuchte, durch Stecklinge vermehrte Sorten besitzen. Die reine Art sehen wir neuerdings in Ansaaten an Straßenböschungen. Ich besaß früher eine Herkunft aus der Türkei, wunderbar reichblühend, jedoch nicht überall zu gebrauchen, nur an sehr trockenen Standorten. Färberkamillen blühen überreich und sollten alsbald zurückgeschnitten werden, damit sie sich gut bestocken und du auch in der kommenden Saison deine Freude daran hast.
Mir ist schon klar, nicht jeder von uns hat Vorlieben für die gelbe Blütenfarbe. Blau ist bei den meisten Pflanzenliebhabern wesentlich beliebter. Trotzdem ist Gelb unverzichtbar, ein Symbol der Sonne, leuchtend, fahl, golden oder blass. Man muss sich die Vielfalt der Gelbtöne gegenwärtigen, nur so lernt man Gelb zu schätzen. Und so fällt mir noch so ein Lückenfüller ein, nämlich Eriophyllum lanatum, die Wüstengoldaster, die sich auch für trockenste Standorte hervorragend eignet.
Lückenfüller unter den Stauden gibt es natürlich noch wesentlich mehr, auch höhere. Besonders imposant ist eine zweijährige Kugeldistel, die dich zur Blütezeit begeistern wird! Vor rund 10 Jahren fuhr ich durch das Weinviertel Niederösterreichs. Dort ist das Klima deutlich trockener und teilweise schon pannonisch und ich sah im Straßengraben Fruchtstände einer zweijährigen Kugeldistel (Echinops sphaerocephalus). Diese zeigt sich in der Natur sehr variabel, du siehst Exemplare mit blauen Blüten und solche, die fast weiß sind, daneben Typen mit dunklen Stängeln. Im trockenen Teil deines Gartens nischt sie sich in deine Lücken ein und du kannst sie dort gewähren lassen, wo sie dir hinpasst. Überhandnehmen wird sie ohnehin nie, sondern sie bleibt dein ständiger Begleiter, sei es über die Jahre oder aber durch ihre stolzen Blüten im Hochsommer und ihrem vertrockneten Fruchtschmuck.
Ein Beispiel will ich dir auf keinen Fall vorenthalten, diese langlebige Staude stammt aus den Hyrcanischen Wäldern am Kaspischen Meer im Norden des Irans. Der Persische Gamander (Teucrium hyrcanicum) eignet sich wunderbar für Lücken in sehr trockenen Bereichen unter Ahorn und Birken. Du brauchst hierzu lediglich ein paar Initialpflanzen, die sich dann verselbständigen und überall dort aufkommen, wo noch nichts wächst. Das, was ich an ihm so sehr schätze, ist besonders seine enorm lange Blütezeit! Ernst Pagels war es, der den Persischen Gamander über Gebühr lobte, damals konnte ich das nicht verstehen, denn er vermehrte sich bei uns geradezu unkrautartig, weil ich ihn in normale Beete integrierte. Am richtigen Standort erfüllt er seine Aufgabe hervorragend und blüht noch dazu zu einer Zeit, wo im trockenen Gehölz- oder Gehölzrandbereich nichts mehr zu sehen ist. Er erinnert auf den ersten Anblick eher an einen Ehrenpreis!
Ein Highlight der besonderen Art ist Monardella macrantha ‘Marian Sampson‘. Wir besitzen zwar noch keine Langzeiterfahrung, haben aber wenigstens die Vermehrung dieses kalifornischen Juwels endlich einigermaßen im Griff. Wenn die leuchtend orangeroten Lippenblüten aufgehen, ist man wie gebannt von ihrem Zauber! Diese Polsterstaude benötigt einen mineralischen Boden, der allerdings auch eine kleine Portion Nährstoffe in Form von Humus aufweisen sollte. Von nichts kommt eben nichts! Ich wurde sogar gefragt, ob sich dieser Sommerblüher auch für Gräber eignen würde, allerdings wäre dies meiner Meinung nach ein eher kurzes Vergnügen. Ich erprobte sie an mehreren Stellen, an unserem Erdwall, aber auch am Pavillon zu Füßen von solch edlen Partnern wie Pelargonium endlicherianum und Iris-Regeliocyclus-Hybriden. Sie überlebten die letzten beiden Winter, jedoch scheint mir die Erde etwas zu hart zu sein, mehr Sandbeigaben wären sinnvoller gewesen. Sauer, neutral oder alkalisches Milieu? In der Heimat wächst sie auf Silikatuntergrund, jedoch würde bei uns neutraler Boden ebenfalls genügen.
Bei uns ist wiederum die hohe Zeit der Phloxe angebrochen. Gerade in diesem bei uns feuchten, regenreichen Jahr zeigen sie sich von ihrer allerschönsten Seite. Du müsstest diese Pracht wirklich einmal auf dich einwirken lassen! Außer den späten Sorten sind die allermeisten bereits aufgeblüht, ob Sorten aus Russland oder von anderen Destinationen. Ich würde mich außerordentlich freuen, wenn du irgendwann einmal den Weg zu uns finden wirst, einer der Höhepunkte findet sicherlich jetzt statt! In etwa zwei Wochen müssen wir die Stängel abschneiden, dann werden sie umgetopft und vermehrt.
Mein Enthusiasmus gegenüber Phlox ist ungebrochen, stellt er doch eine Paradestaude für den Sommer dar, ich mache stets einen Kniefall vor etlichen züchterischen Leistungen. Und ich brenne darauf, endlich wieder einmal meine Freunde in St. Petersburg besuchen zu dürfen, irgendwann demnächst werden wir wohl diese Pandemie hinter uns gelassen haben! Kommendes Frühjahr werden wir bei den Phloxen wiederum einige Neuzugänge vorstellen, du kannst dies in unserem Webshop in Text und Bild nachlesen.
Übrigens hat unsere Überarbeitung des Webshops bei den meisten deiner Freunde großen Anklang gefunden, was uns natürlich sehr freut. Für dich, aber auch für uns bedeutet jegliche Überarbeitung und Anpassung eine Umstellung, ich hoffe, dass du dich bereits damit etwas vertraut gemacht hast. Auch mir fällt dies schwer, hingegen macht mir jegliche botanische Veränderung in der Namensgebung keinerlei Schwierigkeiten, dies wird allerdings von vielen deiner Freunde und auch einiger Gärtnerkollegen eher mit Stöhnen und Wehklagen gutiert. Hingegen sämtliche Updates und Veränderungen in Betriebssystemen schluckt man kritiklos. Ja nun, ist halt so! Jedenfalls ist jetzt vieles im Shop miteinander verknüpft und du kannst sehr gut nach deinen Wünschen filtern und deine Suche optimieren.
Ein Relaunch eines Internetauftritts bedeutet allerdings auch, dass dieser nicht nur arbeits- und kostenintensiv ist, sondern dass auch gewisse „Kinderkrankheiten“ auftreten können. Verzeih mir bitte, wenn sich die Verfügbarkeit einzelner Sorten ändert oder anders darstellt, als sie in Wirklichkeit sein sollte. Ich bin mir aber sicher, dass dies und anderes im Laufe der kommenden Monate behoben wird. Auch ist unser Sortiment immerhin auf rund 3.500 Arten und Sorten angewachsen!
Und so wünsche ich dir noch einen schönen und stressfreien Sommer!
Dein Staudengärtner Sarastro